Manuel Neuer: Deutschlands Retter in höchster Not
Nach einer Schulterverletzung wurde die WM für Manuel Neuer zum Kaltstart, nach sicherer Vorrunde präsentierte er sich gegen Algerien als Rückhalt der besonderen Klasse. Ohne den Bayern-Torwart wäre im Achtelfinale wohl schon Endstation gewesen.
Porto Alegre - Das Führungstor von André Schürrle bejubelte Manuel Neuer noch in den Armen von Miroslav Klose, doch nach dem glücklichen 2:1 (0:0) gegen Algerien wirkte auch der große deutsche Rückhalt einen Moment lang fix und fertig mit den Nerven. Der Schlussmann hatte vor 43 063 Zuschauern in Porto Alegre maßgeblichen Anteil am glücklichen Weiterkommen und war der Garant dafür, dass der lange Achtelfinal-Abend für das DFB-Team nach Verlängerung schließlich noch ein gutes Ende fand.
Nach einigen Momenten des Durchatmens konnte Neuer sogar schon wieder herzhaft lachen. Nach dem Halbzeitpfiff schritt Neuer erst lange nach den Teamkollegen in die Kabine. Der Bayern-Torhüter musste tief durchatmen - eine ganze Menge Frust hatte sich bei dem 28-Jährigen schon in den ersten 45 Minuten aufgestaut. Als Torwart war er sicherer Rückhalt und zeigte sich dazu mit mutigen Rettungsaktionen außerhalb seines Strafraums noch als stärkster Abwehrspieler. Umsichtig und souverän agierte der Modellathlet über 120 Minuten und war erst in der Nachspielzeit machtlos gegen Abdelmoumene Djabou.
Gegen die schnellen Vorstöße der Algerier spielte Neuer nach Fehlern seiner Vorderleute als umsichtiger Libero mit. Mit hohem Risiko rettete er etwa in der 9. Spielminute nach Ballverlust von Shkodran Mustafi auf der rechten Seite gegen Islam Slimani. Auch in der 28. Minute eilte der Münchner gegen Sofiane Feghouli wieder aus seinem Tor und musste weit vor seinem Kasten Schlimmeres verhindern.
Der Atem stockte den deutschen Fans auch in der 71. Minute, als Neuer per Kopf vor seinem Strafraum gegen Slimani wieder zur Stelle war. Und erst recht in der 89. Minute, als er den Last-Minute-K.o. gegen Feghouli verhinderte. Auch wegen solcher Rettungsaktionen schätzt Bundestrainer Joachim Löw seine Nummer 1 ganz besonders.
Neuer ist nicht nur zwischen seinen Pfosten Weltklasse. Mit dem Fuß ist er sicher, im Spielaufbau ein Aktivposten. Auch deshalb hatte Löw den Welttorhüter ohne WM-Test den Kaltstart in Brasilien zugetraut. Vier Wochen hatte Neuer wegen seiner im DFB-Pokalfinale erlittenen Schulterverletzung pausieren müssen, aber die WM-Punktlandung glückte - ob gegen Portugal, Ghana oder die USA.
Der Ex-Schalker Neuer, längst Dauertitelgewinner mit dem FC Bayern, war immer in WM-Verfassung. "Natürlich hab' ich jetzt nicht ganz so viele Einheiten gehabt. Aber für mich war erstmal wichtig, dass die körperliche Fitness gegeben ist, dass ich physisch stark bin und auch nichts verliere", erklärte Neuer - und untermauert seine Form als sicherer Rückhalt in Brasilien.
Zwei unverschuldete Gegentore kassierte der Keeper in drei Vorrundenspielen, aber dass er gegen den Außenseiter aus Nordafrika derart viel beschäftigt werden würde, hätte er sich sicherlich vorher nicht ausgemalt. Doch Neuer weiß: Als Torwart muss man immer voll fokussiert sein - und das ist er auch. Als Neuer bei einer Ecke hart bedrängt einmal nachfassen musste, leitete er gedankenschnell beim öffnenden Abschlag fast eine Chance von Schürrle ein (50.). Wenn sich einmal einer wie Schürrle (60.) mit einem Distanzschuss traute, gab es gleich von hinten aufmunternden Beifall. So richtig befreifen konnte Neuer nicht, was gegen die Nordafrikaner vor ihm passierte.
Als Keeper tat er im 49. Länderspiel sein Bestes, wie auch beim Distanzschuss von Slimani (75.) im Dauerduell der beiden. Und im Abschluss? Da war sogar Neuer machtlos.