Magath gefeiert: Felix wir danken Dir
WOLFSBURG - Die VfL-Fans verabschieden Erfolgs-Trainer Felix Magath mit Lobeshymnen - seine Spieler mit einer Bierdusche.
Er stand irgendwie verloren im grün-weißen Konfetti-Regen, genoss – wie üblich – im Stillen. Der Bierdusche entkam Felix Magath (55) dennoch nicht. Felix,. der Glückliche am Samstag. Der mit dem VfL Wolfsburg, lange die graue Maus der deutschen Kicker-Szene, die Sensations-Meisterschaft geholt hat. Die Fans feierten den Trainer. Mit Lobeshymnen und Transparenten: Felix wir danken Dir.
„Ich wusste, dass wir gut sind. Wir haben die ganze Saison starke Leistungen gebracht und ich denke, dass wir verdient Meister geworden sind“, sagte der scheidende Coach, der zu Schalke wechselt. „Der Abschied fällt schwer, ist doch klar.“ Cooler Kommentar.
Typisch Magath. Hinter jeder Aussage steckt etwas Berechnendes, mitunter Strategisches, oft Listiges - unüberlegt handelt und redet er fast nie. Immerhin hat er verraten, dass ihm sein dritter Meistertitel - nach den Doubles mit dem FC Bayern 2005 und 2006 - ungleich mehr bedeuten würde als die Münchner Triumphe. "Die Befriedigung, hier von null an in die Champions League eingezogen zu sein, ist sehr groß. Hier in Wolfsburg hatte ich mehr Einfluss, habe alles, was ich habe, in diese Aufgabe gesteckt. Im VfL steckt ein Teil von mir." Wohl wahr.
Der titelhungrige Tausendsassa hat sich im östlichen Niedersachsen ein Umfeld geschaffen, das allein auf seine Person zugeschnitten ist. Andersdenkende sind längst aussortiert. Nur wem Magath vertraute, durfte in Wolfsburg mitwirken. Ob das nun Medienchef Rolf Dittrich oder die Assistentenriege mit Bernd Hollerbach, Seppo Eichkorn oder Werner Leuthard ist, die der Impresario in inniger Verbundenheit teils schon in Stuttgart oder München installierte. In der VfL Wolfsburg Fußball GmbH sagen sie, man sei auf Magaths Abgang vorbereitet. Doch wenn endlich auch offiziell der Name des neuen Trainers (Armin Veh) verkündet wird, so wird dieser Wölfe vorfinden, die bedingungslos dem bebrillten Rudelführer folgten.
Ob der aus der portugiesischen Provinz losgeeiste Klassekeeper Diego Benaglio, das tschechische Abwehrtalent Jan Simunek, der italienische Millionenmann Andre Barzagli, die deutschen Entdeckungen Marcel Schäfer, Sascha Riether und Christian Gentner, der brasilianische Stratege Josué, der verkappte Genius Zvjezdan Misimovic und nicht zuletzt die Toptorjäger Grafite und Edin Dzeko - Meisterspieler, die auf Magath stehen. "Ich bin enttäuscht, dass der Trainer weg ist", sagt Dzeko - und deshalb zieht es ihn wohl mit 23 Jahren in die Premier League. Fakt ist, dass Grüntee-Trinker Magath das Geben und Nehmen längst perfektioniert hat. Mittlerweile kann er unnahbar und doch verständnisvoll sein. Mag der von ihm veranlasste Bau eines Meisterhügels mit fiesem Anstieg noch für alte "Quälix"-Methoden stehen - genauso ist es auch Marotte für die finalen Wochen gewesen, die Medizinbälle im Schrank zu lassen, um lieber Basketball oder Fußballtennis zu spielen.
Seit Donnerstag bereitete Magath seine Mannen in einem abgeschiedenen Landhaus bei Königslutter vor - wie immer hat man gestern im Wolfsburger Cinemaxx einen Film geschaut; wie immer wird man heute hinter Helmstedt beim Bäcker Halt machen. Und wie immer wird Magath seine algengrüne Krawatte tragen - sein Symbol der Verbundenheit zum Vorzeigeprojekt. Der sechsfache Familienvater weiß, dass ihm in der Autostadt kaum ein Denkmal errichtet würde - dafür hat er mit seinem geheimnisumwitterten Weggang zu viel angerichtet.
Aber bei VW-Boss Martin Winterkorn hätte Magath im Titelfall auf ewig einen Stein im Brett. Wohl wissend, dass die finanzielle Ausstattung ein Alleinstellungsmerkmal bildet, möchte Magath indes nicht vom größten Erfolg seiner Trainerlaufbahn sprechen, der bevorstehe. "Mein größter Erfolg war es, mit Eintracht Frankfurt die Klasse zu halten." Damals übernahm er einen hoffnungslos abgeschlagenen und finanziell angeschlagenen Ligaletzten. Mit den Hessen schaufelte der als Feuerwehrmann von Stadt zu Stadt ziehende Unterfranke im ersten Halbjahr 2000 unglaubliche 32 Punkte aufs rettende Konto. Dieser Kraftakt wird sein wahres Meisterstück bleiben, denn: "So etwas würde ich mir heute gar nicht mehr zutrauen."
Frank Hellmann