Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger bei der EM: "Poldi & Schweini" sichtlich gereift
Lille - Wenn Lukas Podolski grinst, über das ganze Gesicht lacht und zwinkert, sieht er immer noch aus wie Anfang 20. In der Mixed Zone nach dem Achtelfinalspiel gegen die Slowakei, seinem EM-Debüt bei diesem Turnier, wurde er auch noch teenagerhaft verlegen. Eine russische Journalistin wollte dem 31-Jährigen eine weitere Frage stellen, schob das Argument hinterher, er sei ja "so nett und süß". Podolski schmunzelte und erklärte der jungen Frau, sie solle sich seine Handynummer von den deutschen Kollegen geben lassen. Gelächter. Und Abgang.
Applaus bei jedem Ballkontakt
Das Slowakei-Spiel war Poldis Show. In der 72. Minute für einen der Matchwinner – Julian Draxler – eingewechselt, wurde der Kölsche Jung’, mittlerweile nach einer Europa-Tour (FC Arsenal, Inter Mailand) bei Galatasaray Istanbul gelandet, frenetisch gefeiert – später bei jedem Ballkontakt. Im "Stade Pierre Mauroy" waren zahlreiche Fans, teils im Geißbock-Kostüm, ganz jeck auf ihren Poldi, den Herzenskölner. Von der Domstadt nach Lille ist es ein Katzensprung und so dominierten die Fahnen des FC die Fankurve. Podolski war richtig angefasst hinterher.
"Das erlebt man nicht jeden Tag. Wenn das ganze Stadion sich erhebt und deinen Namen singt, wenn bei jeder Szene applaudiert wird, dann ist das auch nach fast 130 Länderspielen noch etwas Besonderes", sagte der Ex-Bayer, "das zeigt, dass ich wohl Vieles richtig gemacht habe – auf und neben dem Platz."
Teilzeitkraft Schweinsteiger wirbt für sich: "Traue mir Startelf zu"
Es war sein 129. DFB-Einsatz, sein 12. bei einer EM-Endrunde: 20 Minuten, 25 Ballkontakte, 2,26 km gelaufen. Nach Abpfiff, als die Kollegen längst in der Kabine verschwunden waren, klatschte Podolski am Zaun deutsche Fans ab, ließ sich fotografieren. "Gänsehaut", habe er gehabt, "das wird mir für immer in Erinnerung bleiben. So wie mein erstes Länderspiel". 2004 war das, kurz vor der EM in Portugal. Damals wechselte Teamchef Rudi Völler den 19-Jährigen in einem Test gegen Ungarn ein, wie übrigens auch einen gewissen Bastian Schweinsteiger. Auch 19, auch Debütant.
"Poldi & Schweini" waren geboren
Der gemeinsame Weg der Lausbuben begann. Ein zunächst untrennbares Duo, die Nachfolger von "Litti & Icke", von Pierre Littbarski und Thomas Häßler. "Poldi & Schweini" wurden die Gesichter einer neuen Generation, die Helden des Sommermärchens 2006. Scherze und Tore. Lustige Frisuren, dicke Millionenverträge. Eine Zwei-Mann-Boygroup, die von 2006 an drei Jahre gemeinsam beim FC Bayern spielte. In der Nationalelf bis heute – mit dem Höhepunkt WM-Titel 2014. Die Erfolgskurven hatten sich zuvor getrennt. Schweinsteiger, Champions-League-Sieger und x-facher Meister, war Vize-Kapitän der Helden von Brasilien, Podolski nur Teilzeit-Joker. Er verlor seinen Stammplatz, ob bei Arsenal oder Inter, aber nie sein Lächeln.
Schweinsteiger wollte irgendwann nicht mehr "Schweini" sein, 2015 wechselte er zu Manchester United. Eine neue Herausforderung. Die Herren sind reifer geworden, graue Schläfen inklusive. Sichtlich gereift sozusagen. Und haben in der Nationalelf dasselbe Schicksal: Einwechselspieler.
Kritischer DFB-Kapitän Schweinsteiger: Was besser werden muss
"Für mich ging es nach meiner Verletzung in erster Linie darum, dabei zu sein. Mir geht es von Tag zu Tag besser, von daher bin ich zufrieden und sehr froh", sagte Schweinsteiger, der bisher in vier Spielen 44 Minuten mitmachen durfte. Er sagt: "Ein Tor ist mir auch schon gelungen." Ein Startelf-Einsatz nicht. "Wir haben den ersten Schritt in der K.o.-Phase gemacht", sagte Podolski, "jetzt beginnt das Turnier so richtig." Für die Altstars eher nicht.