Lücke, mach's wie Poldi! Warum der Kult-Torjäger viel mehr als nur Sprücheklopfer ist

Wie Podolski bei der WM 2014 hat Niclas Füllkrug von Borussia Dortmund bei dieser Heim-EM eine spezielle Rolle: "Lücke" ist zuständig für gute Laune und flotte Sprüche - und als Joker für entscheidende Tore.
von  Patrick Strasser
Die personifizierte gute Laune im DFB-Team: Spieler wie Niclas Füllkrug braucht jeder Trainer. Wenn sie als Joker stechen, umso besser.
Die personifizierte gute Laune im DFB-Team: Spieler wie Niclas Füllkrug braucht jeder Trainer. Wenn sie als Joker stechen, umso besser. © IMAGO/Eibner

Herzogenaurach - Lukas Podolski, Thomas Müller, Niclas Füllkrug, Deniz Undav. Jede Mannschaft braucht mindestens einen dieser Typen, die erstens das Geschäft Fußball und zweitens sich selbst nicht so wichtig nehmen. Entertainer, Teamplayer, aber auch Leistungsträger - denn ohne Letzteres funktioniert es nicht.

Bundestrainer Julian Nagelsmann kann sich glücklich schätzen, drei der vier oben genannten Profis in seinem EM-Kader zu haben. Für die gute Stimmung. Für den Teamspirit.

Wie einst "Poldi" bei der WM 2014 könnte das Trio eine sehr spezielle Jokerrolle einnehmen. Da ist Jetzt-Schon-Hobby-Assistenztrainer und Berufsoptimist Müller (34) vom FC Bayern, der erfrischende und nicht auf den Mund gefallene Neuling Undav (27) vom erfrischend kickenden VfB Stuttgart und eben Niclas Füllkrug. Der in sich ruhende Routinier mit nur 16 Länderspiel-Einsätzen. Ein Mittelstürmer vom alten Schlag und ein Mannschaftsspieler wie ihn sich jeder Trainer schnitzen würde. Weil der 31-Jährige seine Rolle als Joker, als Ergänzungsspieler hinter dem von Nagelsmann als Spitze ausgewählten Kai Havertz vom FC Arsenal akzeptiert. Klaglos.

Niclas Füllkrug nutzt Bankrolle als Extra-Motivation

"Kai hat meine maximale Unterstützung. Ich wünsche ihm jedes Tor, das er nur machen kann", sagte Füllkrug am Montagmittag im DFB-Quartier in Herzogenaurach. Der Stürmer von Borussia Dortmund schätzt "die Ehrlichkeit", mit der ihm Nagelsmann seine Rolle vermittelt habe, sagte dazu: "Ich bin da eher in einem Angestelltenverhältnis. Der Trainer sitzt auf jeden Fall am längeren Hebel und trifft die Entscheidungen - und das ist auch richtig so." Dabei liegt Füllkrug in der Torjägerliste der Ära Nagelsmann als Bundestrainer knapp vor Havertz, mit vier zu drei Treffern. Beim EM-Eröffnungsspiel am Freitag in München gegen Schottland ist Havertz (24) gesetzt und Füllkrug sitzt. Auf der Bank. Er weiß: "Du musst dich mit dieser Rolle identifizieren können und es als Motivation sehen, mehr Spielzeit zu bekommen."

Von den letzten 19 Länderspielen hat Füllkrug 16 bestritten, dabei elf Treffer erzielt, obwohl er nur sechs Mal in der Startelf (zehn Einwechslungen) stand. Sein Debüt samt Jokertor feierte er beim 1:0 gegen den Oman. Im einzigen Testspiel vor der WM 2022 in Katar, bei der lediglich Füllkrug mit seinem Schwung für positive Momente sorgen konnte. In Katar kam er auch unter Hansi Flick stets von der Bank. Damals wie heute als Abteilung frischer Wind. "Wenn du die Rolle akzeptierst, kannst du das Spiel bereichern", betont Nagelsmann, "wenn nicht, ist es manchmal schwer, eine Topleistung zu bringen."

Kuriose Anekdote: Füllkrug gerät bei EM-Anreise in Abifahrt

Was immer hilft: Gute Laune, flotte Sprüche. Denn eine Zugfahrt, selbst in einem überfüllten ICE, kann lustig sein. Füllkrug geriet auf seiner um einen Tag vorgezogenen Rückreise vom Familienbesuch in Hannover ins EM-Quartier ("Ich bin Sonntagabend schon angereist, weil ich ein bisschen Respekt vor der Deutschen Bahn habe") in eine besondere Gesellschaft, lauter Abiturienten auf Abschlussfahrt. "Ich habe bei einem Frage-Antwort-Spiel mitgemacht, es war schon ganz lustig, ein Gespräch auf Augenhöhe", sagte Füllkrug. "Alles ordentliche Jungs, sehr höflich." Sie stellten Fragen wie: Habt ihr noch Hobbys? Mit wem aus der Mannschaft versteht ihr euch am besten? Die Zeit sei "schneller rumgegangen als gedacht".

Seine angeblichen Knieprobleme, deretwegen Füllkrug am Wochenende "erschreckenderweise ein paar Nachrichten" bekommen habe, dementierte er. "Es geht mir gut. Ich weiß nicht, woher das kam, das hat mich verwundert. Mit 31 zwickt es aber immer mal irgendwo."

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