Löw warnt: "Die WM wird uns Unmenschliches abverlangen"

Ein großes V, mitten im Wort. Ein V wie "Victory" und wie die römische Fünf. Das Motto des DFB für die WM 2018 in Russland prangt auf dem Mannschaftsbus, es soll rein in die Köpfe der Spieler. "Best neVer Rest" - sinngemäß: die Besten ruhen sich nie aus. Die Besten, der Weltmeister auf dem Weg zur Fünf, zum fünften Titel.
Oliver Bierhoff hatte einst diese Slogans eingeführt, zur "Alpen-EM" 2008 in Österreich und der Schweiz etwa wurde "Gipfelsturm" das Schlagwort. Bei der WM 2010 in Südafrika riefen sich die Nationalspieler "Yebo" (auf Zulu: "Ja") und "Power within!" zu. Zwei Jahre später in Polen/Ukraine wurde "Momentum" zur Devise, das jedoch am Ende nicht auf Seiten des DFB-Teams war. Der WM-Titel in Brasilien wurde vom Motto "Ein guter Anfang braucht Begeisterung, ein gutes Ende Disziplin" begleitet.
Nun also "Best neVer Rest". Thomas Müller war so frei, den Slogan mit Leben zu füllen: "Die besten Spieler wollen immer gewinnen, bei allem, was sie machen, die hassen es auch, im Training zu verlieren. Deshalb sind sie am Ende auch die Auslese." Und die Auslese trifft Bundestrainer Joachim Löw. Mit den beiden Testländerspielen gegen Spanien am Freitag (20:45 Uhr, ARD live) in Düsseldorf und gegen Brasilien am Dienstag (20:45 Uhr, ZDF live) in Berlin beginnt die Mission fünfter Titel. Personelle Experimente ja, aber keine endgültigen Entscheidungen. Und doch wirken die acht Tage im Kreise des DFB-Teams wie ein Sichtungslehrgang samt Formcheck. Am 15. Mai, kurz nach Ende der Bundesliga-Saison, muss Löw seinen vorläufigen WM-Kader verkünden.
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Also redete er seinen Spielern, den nominierten und den abwesenden (etwa Marco Reus, Mario Götze, André Schürrle) ins Gewissen: "Wir Trainer schauen jetzt genau hin. Bei den nächsten beiden Spielen und in den nächsten Wochen werden wir genau beobachten, wer uns mit seiner Leistung auf dem Platz überzeugt und wer in der Lage ist, nach einer anstrengenden Saison Top-Leistung bei der WM zu bringen. Dementsprechend sind auch meine Erwartungen an die Spieler."
Löw wiederholte sein Credo: "Die Leistung steht über allem." Klare Ansage. Nachlassen ist nicht, ausruhen gibt's nicht. Und meckern gleich gar nicht, wenn man mal nicht spielt. "Uns hat 2014 ausgezeichnet, dass wir einen unglaublichen Spirit hatten", sagte Löw, "weil wir Spieler hatten, die sich in den Dienst der Mannschaft gestellt haben." Unterm Strich also gilt: Best neVer Rest!
Und diejenigen, die eben aktuell nicht zur Auslese gehören, sollen sich gefälligst wieder anbieten. Etwa der nicht nominierte Mario Götze. "Mit Mario habe ich gesprochen. Er hat noch nicht ganz die Form erreicht, die ich mir vorstelle", sagte Löw über den BVB-Profi, der Deutschland mit seinem Tor 2014 zum Titel schoss und machte ihm Hoffnung: "Er ist auf keinen Fall abgeschrieben."
Da spricht der neue Löw. Vor seinem sechsten Turnier als Chefcoach zeigt er eine neue Härte. Denn: Im Mai muss der 58-Jährige unangenehme Botschaften aussprechen. Er muss Menschen enttäuschen. Spielern, die vier Jahre auf eine WM hintrainiert haben, die ihrem Lebensziel so vieles untergeordnet haben, sagen: Du bist nicht dabei." Schon während des am Ende siegreichen Confed-Cups 2017 hatte er in einem Interview betont: "Ich handle aus Überzeugung. Immer."
In Russland braucht Löw Siegertypen. Die WM als "Survival of the fittest", sie "wird uns Unmenschliches abverlangen", erklärte Löw voller Pathos: "Wir sind Weltmeister, Confed-Cup-Sieger, U21-Europameister. Wir sind die Gejagten."
Und wer rastet, der bekanntlich rostet.