Löw und das Lotteriespiel

WARSCHAU - Mit dem Vertragspoker setzt der Bundestrainer seine Zukunft beim DFB aufs Spiel. Und bestreitet den "Handschlag-Vertrag". Sitzt er nach der WM überhaupt noch auf der Bank?
Vor der WM ist vor der EM-Quali. Wenn am Sonntag (12 Uhr, ARD und Eurosport live) die Qualifikations-Gruppen für die Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine ausgelost werden, ist Bundestrainer Joachim Löw natürlich live vor Ort im Kulturpalast von Warschau. Zusammen mit Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach sind da.
Nicht mal ein neuerliches Glückslos dürfte die verhärteten Fronten zwischen dem Quartett aufweichen, nach dem die Vertragsverhandlungen zwischen den DFB-Bossen und Löw, Bierhoff & Co. am Donnerstag mit einem lauten Knall geplatzt sind, bis nach der WM vertagt wurden. Nach „unmoralischen Forderungen“ der sportlichen Führung, so Flüsterparolen in der DFB-Zentrale in Frankfurt. „Da muss viel passiert sein, dass es zu so einem Eklat kommen konnte“, mutmaßte Bayern-Präsident Uli Hoeneß.
"Wir haben keine Wunschgegner", sagt Löw
Bierhoff soll laut „Bild“ fürs gesamte Team (Löw, Assistent Flick, Torwart-Trainer Köpke, Psychologe Herrmann und Scout Siegenthaler) bei Unterzeichnung eines neuen Vertrages einen Bonus in Höhe eines Jahresgehaltes gefordert haben. Was allein im Fall Löw rund drei Millionen Euro sein sollen. Die DFB-Bosse boten für die Trainer und Manager eine Gehaltssteigerung zwischen fünf und acht Prozent – und wollten Bierhoff ein Mitspracherecht bei einer möglichen Bundestrainer-Suche einräumen. DFB-Chef Zwanziger musste aber erkennen: „Wir konnten uns bei wichtigen inhaltlichen Aspekten nicht einigen, die aus Sicht des DFB-Präsidiums nicht zu akzeptieren sind.“
Löw meldete sich dazu am Freitag via „dpa“ zu Wort, sagte: „Von unserer Seite wurde ein verhandelbarer Vorschlag vorgelegt, uns dagegen wurde ein nicht verhandelbares Angebot zugestellt, über das ich innerhalb von 48 Stunden entscheiden sollte.“ Löw zeigte sich „verwundert über die plötzlich in der Öffentlichkeit diskutierten angeblichen Vertragsdetails“, betonte: „Dadurch sind viele Unwahrheiten in Umlauf gekommen.“ Als unwahr outete der Bundestrainer den Handschlag-Vertrag, den Zwanziger am 16. Dezember 2009 öffentlich gemacht hatte. Löw: „Einen Handschlag-Vertrag hat es zum Beispiel nicht gegeben.“ Über Vertragsdebatten und Hintergründe will sich Löw „zu gegebener Zeit“ äußern.
Zur Auslosung hat Löw schon vorher gesagt: „Wir nehmen es so, wie es kommt. Ich habe keine Wunschgegner.“ Die dicksten Brocken, wie Spanien, Italien oder England bleiben dem DFB-Team erspart, weil es in Lostopf 1 der Top-Teams eingruppiert wurde (siehe oben). Allerdings könnten die Schweizer, die Mannschaft von Ex-Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld, und Otto Rehhagels Griechen der deutschen Nationalmannschaft den Weg zur Endrunde (9. Juni bis 1. Juli 2012) streitig machen. 51 Nationalteams werden in neun Gruppen um die Teilnahme an der Endrunde in Polen und der Ukraine kämpfen. Nur die Gruppensieger und der beste Zweitplatzierte qualifizieren sich direkt.
Ob Löw dann überhaupt noch verantwortlich ist fürs DFB-Team? Der Vertragspoker gleicht einem Lotteriespiel. Einfacher macht die vertrackte Situation Löws Job bei der WM in Südafrika (ab 11. Juni) sicher nicht. Der Erfolgsdruck wächst. Die Job-Garantie, die Zwanziger dem Bundestrainer noch vor geraumer Zeit zugesichert hatte, ist weg. „Wir werden das jetzt in der Arbeit für uns ausblenden“, kündigte Bierhoff an.
Der Bundestrainer lenkt den Fokus lieber auf die WM. „Unsere ganze Konzentration gilt seit sechs Jahren dem Erfolg der Nationalmannschaft – auch im Sinne der Entwicklung und Reputation des deutschen Fußballs. Dabei stehen Teamwork, Loyalität und Respekt an erster Stelle für mich. In diesem Sinne werden wir uns in den nächsten Wochen intensiv auf die WM in Südafrika vorbereiten.“
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