Löw stolz auf Confed-Cup-Unentschieden: "Vollauf zufrieden"

Kasan - Der verpasste Jubiläumssieg war dem Bundestrainer völlig egal: Joachim Löw stand an der Seitenlinie und applaudierte seinen jungen Spielern immer wieder, dann lief er auf den Rasen und klatschte mit jedem Einzelnen von ihnen ab. Nach dem 1:1 gegen den großen Favoriten Chile im zweiten Gruppenspiel des Confed Cups war Löw, der seinen 100. Erfolg als Bundestrainer verfehlte, stolz auf sein Team und "vollauf zufrieden", wie er anschließend in der ARD sagte. "Die Mannschaft hat große Widerstandskraft bewiesen und mit gesunder Härte dagegengehalten."
Nach dem frühen Rückstand durch Chiles Topstürmer Alexis Sanchez (6. Minute) traf Lars Stindl zum 1:1-Endstand (41.) in Kasan. "Das Ergebnis geht in Ordnung", sagte der Gladbacher: "Wir haben gezeigt, dass wir auch so einer Mannschaft Paroli bieten und guten Fußball spielen können." Kapitän Julian Draxler meinte: "Wir wussten, dass Chile eine bärenstarke Mannschaft ist und das haben sie heute auch unter Beweis gestellt. Am Anfang hat man so ein bisschen die Nervosität gemerkt. Aber danach waren wir auf Augenhöhe."
Respekt vor schwierigem Gegner
Als eine der "besten Mannschaften der Welt", hatte Löw die Chilenen vor der Partie bezeichnet. Und wie groß Löws Respekt vor den Roten ("La Roja") war, dokumentierte schon die Aufstellung. Ohne echten Stürmer ging die DFB-Elf ins Spiel, Stindl agierte in einem sehr defensiven 3-4-2-1-System als hängende Spitze. Torhüter Marc-André ter Stegen, Matthias Ginter, Emre Can sowie Neu-Bayer Niklas Süle rückten nach dem 3:2-Auftaktsieg gegen Australien neu ins Team. Mehr Stabilität brachten die Umstellungen zunächst nicht – im Gegenteil. Chile überrollte das deutsche Team zu Beginn mit aggressivem Pressing, nach nur sechs Minuten fiel das 1:0.
Shkodran Mustafi spielte einen schlimmen Fehlpass ("Das muss ich auf meine Kappe nehmen!"), Arturo Vidal legte auf, Alexis Sanchez, den Vidal gern beim FC Bayern sehen würde, knallte den Ball per Innenpfosten ins Tor. "Dieses Pressing sind die deutschen Spieler nicht gewohnt", sagte Mehmet Scholl in der ARD zur deutschen Schwachstelle: "Ich bin froh, dass wir die erste Halbzeit überhaupt überlebt haben."
Chile wollte mehr, Chile konnte mehr
So ging es weiter. Eduardo Vargas traf die Latte (20.), auf DFB-Seite näherten sich Kapitän Julian Draxler (8.) und Lars Stindl (15.) zumindest an. Erst nach gut einer halben Stunde stellte sich die jüngste Mannschaft des Turniers (Deutschland: 24,4 Jahre im Schnitt) gegen die älteste (Chile: 29,1) besser auf die harte Spielweise des Gegners ein. Und wurde mutiger. Emre Can marschierte durchs Mittelfeld, seinen klugen Pass leitete Jonas Hector in den Strafraum weiter, dort grätschte Stindl den Ball ins Tor – 1:1 (41.)! Der zweite Turniertreffer des Gladbachers. "Ich glaube, das Tor war so ein bisschen das, was wir uns vorgenommen haben", sagte Stindl. "Das haben wir gut ausgespielt über außen." Löw sprach von einem "super Angriff" seines Teams.
Nach der Halbzeitpause kühlte die "heiße Kiste" (Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff) ziemlich ab, beide Mannschaften waren mit dem Remis zufrieden. Stindl vergab mit einem Schuss von der rechten Seite die beste deutsche Chance (73.). Löw wechselte kein einziges Mal – Premiere in seinem 149. Länderspiel. Das gab es zuletzt vor 22 Jahren bei einer deutschen Elf.
Nebensächlich. Hauptsache den Punkt mitgenommen. Und so braucht die deutsche Perspektivmannschaft am Sonntag im letzten Gruppenspiel gegen Kamerun (17 Uhr/ZDF) nur noch einen Punkt, um ins Halbfinale einzuziehen. Sollte möglich sein. Den ersten echten Härtetest hat das Team bestanden.
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