Löw plant "Jahr der Konzentration"
PARIS Joachim Löw lächelte höflich, aber etwas gequält. Ein nettes Bild, ein schöner Begriff – aber, so fand der Bundestrainer, unpassend für seine Nationalmannschaft. Ein französischer Reporter wollte am Dienstag wissen, ob das Attribut „romantischer Verlierer“ wie früher auf die „Équipe tricolore“ nun auch auf die deutsche Elf zutreffe – schließlich würde nun auch Deutschland über Jahre gute Ergebnisse erzielen, vor allem in der Qualifikation, aber bei Turnieren in entscheidenden Momenten verlieren. Nicht ganz von der Hand zu weisen.
Für Löw war dies unweit des Arc de Triomphe Anlass genug, ein Plädoyer der eigenen Stärke zu halten. „Wir sind die Nummer zwei der Welt, waren in den letzten Jahren immer im Halbfinale eines Turniers dabei“, sagte Löw mit Nachdruck und betonte: „Wir haben unser Niveau im spielerischem Bereich unglaublich gehoben – dieser Schritt hat uns allen, auch den Fans, unglaublich viel Spaß bereitet. Ich glaube, diese Mannschaft hat ihre beste Zeit noch vor sich. Wir arbeiten daran, unsere Ziele auch zu erreichen.“ Sprich: Titel zu gewinnen.
Man spürte: Hier nimmt ein Trainer eine Verteidigungshaltung ein. Seit 2006 ist Löw im Amt. Charmant, beliebt, erfolgreich – aber ohne den großen Tusch, einen Titel. Die WM 2014, so lange läuft auch sein Vertrag, könnte Löws letzte Chance sein, diesen Makel zu beseitigen. Mit dem Freundschaftsspiel am Mittwoch in Paris (21 Uhr/ARD) beginnt eine weitere Etappe auf dem Weg nach Brasilien. Für Löw geht es angesichts der Absagen (Badstuber, Schweinsteiger, Klose, Götze, Reus, Schmelzer) und angeschlagenen Spieler (Hummels, Podolski, Khedira, Lars Bender) um einen gelungenen Start ins Kalenderjahr. Um Schadensbegrenzung gegen wiedererstarkte Franzosen?
Löw hat 2013 als „Jahr der Weiterentwicklung einzelner Spieler und der gesamten Mannschaft“ und als „Jahr der Konzentration“ ausgerufen. Hoffentlich kein undankbares, weil turnierloses Jahr. Nichts zu gewinnen (kein Titel, die WM-Qualifikation ist eine Pflichtnummer), dagegen viel zu verlieren. Erst in Paris, im März beim unattraktiven Doppel-Spieltag gegen Kasachstan, nach Saisonende bei der umstrittenen USA-Reise.
Die AZ erklärt, was Löw im Test gegen die Franzosen – vor einem Jahr verlor man in Bremen 1:2 – von seiner Mannschaft sehen will und für den Rest des Jahres erwartet:
Das Defensivverhalten:
Mit dem 0:0 im November in Holland hatte man den katastrophalen Eindruck des 4:4 nach 4:0-Führung gegen die Schweden leicht abgemildert. Dennoch will Löw ähnlich wie die Bayern unter Jupp Heynckes die „Zu-Null-Mentalität“ fördern. Löw: „Wir haben in den letzten Jahren unsere eigene Identität aufgebaut mit einer kreativen Offensive. Wir brauchen auch eine Stabilität in der Defensive, da wollen wir unsere Schwächen abstellen.“
Cleverness:
Verschenkte Siege wie bei der EM gegen Italien oder eben gegen Schweden sollen nicht mehr vorkommen. „Ich sehe dieses Spiel als einen Härtetest“, betonte Löw, „wir müssen in so einem Spiel eine absolute Top-Leistung abrufen, über 90 Minuten konzentriert bleiben.“ Daher die Wahl des starken Testgegners.
Alternativen:
Die vielen Absagen haben für den Bundestrainer auch ein Gutes. Der Konkurrenzkampf innerhalb der Mannschaft soll gefördert werden, keiner – selbst Torhüter Manuel Neuer nicht – soll sich zu sicher fühlen. Löws Credo: „Für die WM müssen wir ja auch einen Kader zusammenstellen, in dem die Positionen doppelt besetzt sind.“