Löw kontra Ballack: Kuschen oder fliegen!

Der verärgerte Bundestrainer lässt den renitenten DFB-Kapitän zum Vier-Augen-Gespräch antanzen:„Meine Entscheidung hängt vom Verlauf ab!“
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Auf Konfrontation: Jogi Löw (l.) und Michael Ballack
dpa Auf Konfrontation: Jogi Löw (l.) und Michael Ballack

MÜNCHEN - Der verärgerte Bundestrainer lässt den renitenten DFB-Kapitän zum Vier-Augen-Gespräch antanzen:„Meine Entscheidung hängt vom Verlauf ab!“

Ob sich Michael Ballack der Tragweite seiner Aussagen bewusst war? Oder wollte der Kapitän womöglich sogar seinen Rauswurf aus der Nationalmannschaft provozieren? Sollte zweiteres der Fall sein, dann ist er seinem Ziel beängstigend nahe gekommen. Nach seiner knallharten Kritik an Joachim Löw (AZ berichtete) folgte gestern Nachmittag der Konter des Bundestrainers – via DFB-Pressemitteilung. Für Ballack gibt es nach seinen harten Worten (der 32-Jährige hatte in der „FAZ“ unter anderem angezweifelt, dass in der Nationalmannschaft unter Löw das Leistungsprinzip gilt) nur noch zwei Möglichkeiten: Kuschen oder fliegen!

Der Bundestrainer, der Ballack bis gestern telefonisch nicht erreichen konnte, lässt den aufsässigen Mittelfeldspieler nun antanzen. Er forderte Ballack, in London beim Spitzenklub FC Chelsea unter Vertrag, unmissverständlich auf, zu einem Vier-Augen-Gespräch in die Heimat zu kommen. „Ich werde mit Michael Ballack telefonieren und ihn zu einem Gespräch in Deutschland auffordern, um ihm zu sagen, dass ich von dem Weg, den er gewählt hat, maßlos enttäuscht bin und die inhaltlichen Aussagen von ihm nicht akzeptabel sind“, so Löw. „Ich lasse mir das nicht gefallen und werde auf diese Unterredung bestehen. Alles Weitere wird man dann sehen. Meine Entscheidung hängt dann auch vom Verlauf dieses Gesprächs ab.“

Heißt im Klartext: Lenkt Ballack nicht ein, droht ihm – genau wie zuletzt dem fahnenflüchtigen Kevin Kuranyi – der Rauswurf aus dem DFB-Team. Mit seinem Interview hat der DFB-Kapitän nach Meinung des Bundestrainers den Bogen überspannt. So hatte Ballack, weil der Bundestrainer seinen Kumpel Torsten Frings zuletzt in den WM-Qualifikationsspielen gegen Russland (2:1) und Wales (1:0) auf die Bank verbannt hatte, gesagt: „Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann.“ Er glaube nicht, dass es beim DFB einen fairen Konkurrenzkampf gebe. Als Beispiel nannte er auch das von Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann aufgerufene Duell vor der WM 2006 zwischen den Torhütern Jens Lehmann und Oliver Kahn. Nach Ballacks Meinung habe Kahn diesen Zweikampf gar nicht gewinnen können.

„Mangelnden Respekt lassen wir uns als Trainerteam niemals vorwerfen. Offenbar hat sich in unseren Reihen so eine Stimmung breit gemacht, dass man Respekt automatisch mit einer Stammplatzgarantie verbindet“, belehrte Löw den renitenten DFB-Kapitän, „doch das eine sind menschliche Dinge und das andere taktische Dinge, die ein Trainer eben auch berücksichtigen und danach seine Entscheidung treffen muss.“ So deutlich wurde lange keinem DFB-Kapitän das kleine Fußball-ABC vorgebetet.

Und auch innerhalb der Nationalmannschaft regt sich erster Widerstand gegen Ballack. Bayern-Stürmer Miroslav Klose sagte gestern: „Ich weiß nicht, ob das nötig war. An Stelle von Michael Ballack hätte ich das anders geklärt – intern und nicht öffentlich.“ Ohnehin würde Löw sehr viele Einzelgespräche führen. Wovon sich Ballack demnächst überzeugen kann. Inhaltlich, also in Sachen Frings, ist Klose ebenfalls anderer Meinung: „Sicher hat der Lutscher (Frings’ Spitzname, d. Red.) über 80 Länderspiele, aber das heißt nicht, dass ich mich nicht einem Konkurrenzkampf stellen muss.“

Offenbar hat Ballack, dessen Führungsqualitäten oft angezweifelt werden, die Ratschläge der DFB-Trainer falsch verstanden. „Wir haben Michael Ballack in der Vergangenheit des öfteren dazu aufgefordert, als Kapitän die Dinge anzusprechen, die er kritisch oder anders sieht“, so Löw, „dass er nun den Weg über die Medien mit seiner Kritik an unserer Arbeit gewählt hat, ist schlichtweg falsch und nicht nachzuvollziehen.“

Wollte Ballack mit der Kritik an seinem Nationaltrainer seinen Stellenwert im DFB-Team testen, so erhielt er gestern jedenfalls eine ganz deutliche Antwort von Joachim Löw: „Es hat kein Spieler, auch nicht der Kapitän, das Recht, in Sachen Aufstellung oder Personalpolitik den Trainer zu kritisieren oder sogar öffentlich Stimmung gegen das Trainerteam zu machen.“

jos, sb

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