Löw: "Dieser Mannschaft gehört die Zukunft"

Bundestrainer Löw beteuert, alles getan zu haben, um seine Mannschaft auf die WM vorzubereiten. Nun sieht er glänzende Perspektiven. Franz Beckenbauer pflichtet ihm bei.
von  Abendzeitung

Bundestrainer Löw beteuert, alles getan zu haben, um seine Mannschaft auf die WM vorzubereiten. Nun sieht er glänzende Perspektiven. Franz Beckenbauer pflichtet ihm bei.

CENTURION Joachim Löw war angekündigt, als Gast im Trainingszentrum Velmore Grande in Erasmia sollte noch Franz Beckenbauer vorbeischauen. Über eine halbe Stunde warteten die Medien im DFB-Hotel – dann kam als erster Edwin Moses, die Leichtathletik-Legende der 80er Jahre, um die Kurve der Sponsorenwand. Der Moses und der Franz – was für ein Auftritt. Sie hatten Verpflichtungen für die Laureus-Stiftung, daher sind sie in Südafrika.

Beide trugen ein lässiges Polo-Shirt mit einer orangenen „1“ drauf, Beckenbauer wie immer mit leicht getönter Brille. Ein bisschen PR muss sein, erst als Joachim Löw, blauer V-Pulli mit sportlichem Sakko drüber, reinkam, wurde über die WM geredet. Und über die Nebenwirkungen.

„Als ich 1990 bei der WM in Italien Teamchef war, habe ich zu Beginn 77 kg gewogen, am Ende nur noch 71", erzählte Beckenbauer, „so ein Turnier zehrt an dir, das zehrt dich aus. Ich bin jede Nacht bis ein, zwei Uhr in meinem Turmzimmer gesessen und habe Videoanalysen gemacht, weil ich perfekt auf die Gegner vorbereitet sein wollte.“ Zu Löw sagte er: „Ich weiß, wie schwer es ist. Ein paar Gramm wirst du schon verlieren, wenn du nach dem Finale am 12. Juli wieder zurückfliegst.“

Löw, ohnehin der hagere, asketische Typ, grinste. Da hat Beckenbauer mal eben im Nebensatz das Finale erwähnt – und das vier Tage vor dem Turnierauftakt der DFB-Elf am Sonntag in Durban (20.30 Uhr, ZDF) gegen Australien.

Dabei hatte Beckenbauer zuvor etwas zurückhaltender über die Aussichten der Löw-Truppe gesprochen: „Du wirst ja jeden Tag gefragt, wer die Favoriten sind. Ich habe die Mannschaft ja zuletzt zwei Mal am TV gesehen und muss sagen: Es stimmt in dieser Mannschaft. Ich sehe, was man sehen will: Da ist Bewegung drin, Spielfreude, keiner versteckt sich.“ Heißt: „Ich erwarte die Deutschen im Halbfinale, das hoffe ich auch. Aber a bisserl Glück brauchst auch.“

Gerade beim ersten Mal, so wie es bei Löw der Fall ist. Das Auftaktspiel ist sein 50. Länderspiel als Chefcoach, sein Debüt-Turnier war die Alpen-EM, bei der die DFB-Elf im Finale Spanien unterlag. Noch nie hat ein Bundestrainer auf Anhieb eine WM gewonnen, nicht mal der Teamchef Beckenbauer 1986 in Mexiko. Der 2010-Franz dazu jovial: „Ein Mal ist immer das erste Mal. Ja, warum denn nicht?“

Löw lächelte manchmal, wenn Beckenbauer sprach. Er weiß, dass die Haltbarkeit solcher Prognosen nicht allzu lang ist. Man kennt sich, man schätzt sich, Löw spricht über Beckenbauer als „der Franz“. Beim Auftaktspiel drückt der auf der Tribüne die Daumen.

Löw wirkte entspannt, manchmal fuhr er seine Stimme samt Betonung hoch als referiere er nicht vor der versammelten Presse, sondern in der Kabine vor der Mannschaft: „Die Australier haben eine unglaublich gut organisierte Mannschaft, eine perfekte Defensive. Das wird ein ganz ganz schwieriges Spiel. Dennoch lautet seine Die Maxime: „Wir wollen nach vorn spielen, das Spiel gestalten und gewinnen.“ Seine Elf ist bereit. Löw: „Wir sind voller Vorfreude und Freude uns darauf, dass es jetzt endlich losgeht. Ich habe ein gutes Gefühl. Mehr konnten wir nicht tun. Ich bin voller Energie.“ Manchmal ballte er die Fäuste, wenn er sprach.

Löw glaubt an die neue Generation, an den jüngsten WM-Kader seit 1934. „Dieser Mannschaft gehört die Zukunft, sie ist entwicklungsfähig, sie wird ihren Zenit womöglich erst in ein paar Jahren erreichen.“ Franz lächelte dazu versonnen.

Patrick Strasser

AZ-Redakteur Patrick Strasser ist für die Abendzeitung in Südafrika und berichtet in seinem Video-Blog von der WM. Hier sein erster Beitrag:

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