Löw: Die glückliche Hand
Er trägt ein Glücksarmband, doch hinter allem, was Bundestrainer Joachim Löw derzeit macht, steckt „wahnsinnig viel Arbeit“.
DANZIG Die richtige Dosierung des Trainings, die hat Joachim Löw drauf, das Fachliche ist seine leichteste Übung. Am Montagnachmittag nach dem 2:1 gegen Dänemark und dem dritten Trip in die Ukraine ließ er seine Spieler ein wenig Fahrrad fahren, sie sollten es nach drei Spielen in neun Tagen etwas ruhiger angehen lassen.
Für den 52-Jährigen die Gelegenheit, kurz inne zu halten. Die Fakten sagen schlicht: Besser geht’s nicht. Erstmals feierte eine deutsche Nationalelf bei einer EM-Endrunde drei Siege in drei Gruppenspielen – und das gegen drei Teams aus den Top Ten der Fifa-Weltrangliste. Nun wartet am Freitag (20.45 Uhr, ZDF live) im Viertelfinale von Danzig Griechenland.
Und schon erreichte Löw eine ganz galante Annäherung an das Duell mit den Griechen, das nun auch auf eine politische Ebene gehoben wird. „Ich habe als Trainer noch nie gegen Griechenland gespielt, es wird also mal Zeit, denn ich habe ein paar enge Freunde aus Griechenland.“ Und schon glaubt man, ganz Hellas wäre mit Jogi, früher in der Türkei tätig, per du.
Überhaupt hat Löw bei seinem dritten Turnier in Alleinverantwortung, bisher alles richtig gemacht. Was schon mit der Nominierung anfing. Fragt etwa noch jemand nach Stürmer Cacau? Oder nach Draxler? Von wegen. „Ein Trainer ist kein Idiot“, sagte Löw bei einer der ersten Fragerunden in Danzig – und bremste die Kritiker. Wer schmunzelt, beißt nicht.
Löw und alle Mitarbeiter aus dem DFB-Stab tragen seit dem 11. Mai, dem ersten Tag der Vorbereitung, ein Perlenarmband. Ein Glücksbringer – und dennoch nur Beiwerk, denn Löw selbst ist die glückliche Hand. Die AZ erklärt, wie er führt und lenkt:
Sein Gespür für Spieler: Vor dem Turnier glaubte man noch, er würde aus Loyalität an Klose und Mertesacker festhalten. Kurz vor dem Auftakt gegen Portugal entschied er sich für Hummels als Innenverteidiger und Gomez im Sturm. Beide gehören zu den besten Akteuren der Vorrunde. Auch Lars Bender, ungelernter Rechtsverteidiger, war die richtige Wahl fürs Dänemark-Spiel.
Die Coolness: Es gab keine Konter-Attacken auf Scholls Anti-Gomez-Sprüche. Auch kein Interview-Verbot, Zoff mit der ARD oder sonstiges. „Ich habe keine Energie, mich damit zu beschäftigen“, sagte er. Wind rausgenommen. Goldrichtig.
Seine Überzeugung: „Er vertraut sich und seinen Stärken und zieht sein Ding durch“, sagt sein Berater Roland Eitel zur AZ, „man denkt oft, es wirkt alles so spielerisch leicht, was er macht. Doch hinter all dem steckt wahnsinnig viel Arbeit, verteilt auf das ganze Jahr, nicht nur in den Wochen vor und während eines Turniers.
Sein Führungsstil: „Jeder kriegt den Respekt, den er verdient hat, das ist eines seiner Leitmotive“, sagt Eitel, „dazu kommt: sein normaler Menschenverstand und die Glaubwürdigkeit, die er bei dieser Generation vorleben muss. Denn: Was man sich nicht erlaubt, sollte er anderen nicht gestatten.“
Sein Tunnelblick: Wenn Deutschland seit Jahr' und Tag eine Turniermannschaft ist, ist Löw ein „Turniertrainer“. Eitel glaubt: „Er ist ein richtiger Pädagoge, ein Fußball-Lehrer: Er kann aus jeder guter Mannschaft noch mal zehn Prozent herausholen.“ Man sieht's.
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