Löw bleibt nur ein Ausweg: Er muss über den eigenen Schatten springen
Der letzte Eindruck bleibt. Sagt der Volksmund. Im letzten Länderspiel dieses Corona-Jahres kassierte die Nationalmannschaft in Spanien eine zuvor kaum vorstellbare Abreibung, ging in Sevilla mit 0:6 unter. Eine ganz bittere Lehrstunde, die nun auf ewig an Bundestrainer Joachim Löw haftet.
Genau wie das 7:1 in Brasilien gegen Brasilien, wow! Der anschließende Weltmeister-Titel 2014 war die Krönung seiner Laufbahn und hätte - siehe den Entschluss seines Kapitäns Philipp Lahm - ein möglicher Zeitpunkt zum Rücktritt sein können. Selbst vom Thron zu steigen, wenn dir alle zu Füßen liegen, ist psychologisch der schwierigste Kraftakt, aber auch sicher manchmal die cleverste Abzweigung.
Löw muss über seinen Schatten springen
Mit dem Jogi-Hype auf dem Höhepunkt wollte er aber gleich den nächsten draufsetzen, 2016 Europameister werden. Die DFB-Elf scheiterte im Halbfinale. Ein erster Abstieg, aber noch war der Gipfel in Sicht zur Wiederbesteigung 2018. Auf dem Weg dorthin verlor Löw sein Gespür, wurde zu selbstgefällig, viele sagten: arrogant. Er schaute weniger rechts und links, die Nase weit oben stürzte er bei der WM in Russland - das historisch schlechte Vorrunden-Aus, wow!
Und doch machte er weiter - und man ließ ihn weitermachen. Reumütig kündigte er Veränderungen an, wollte es allen beweisen. Es folgte ein Umbruch mit der Holzhammer-Methode: Die Weggefährten Müller, Hummels, Boateng blieben auf der Strecke. Löw wurstelte eigenbrötlerisch vor sich hin, und doch beschlich einen manchmal das Gefühl - ich gestehe, mich eingeschlossen - es könnte bei einem Turnier noch einmal gut (also weit) gehen.
Was bleibt Löw nun als Ausweg aus dem Debakel- Dilemma? Einzig, über seinen Schatten zu springen und das verbannte Trio zu begnadigen. Denn diese stetige Rückhol-Diskussion und die Lawine der Kritik an Löw samt Rücktrittsforderung und Nachfolger-Suche beginnen gerade erst Schwung zu nehmen. Ein Abnutzungskampf für Löw und die DFB-Spitze. Kaum zu gewinnen.