Lahm, Neuer, Müller, Schweinsteiger, Özil? Jogi Löw kneift

München - Letztes Jahr hatte es Joachim Löw einfach. Weil sowieso klar war, dass Lionel Messi vom FC Barcelona die Wahl zum Weltfußballer gewinnen würde, konnte der Bundestrainer seine drei Stimmen recht entspannt abgeben. Was er so machte: Mesut Özil (damals Real Madrid, heute FC Arsenal) an eins, Bayern-Torhüter Manuel Neuer an zwei. An die dritte Position setzte Löw den Spanier Xavi vom FC Barcelona. Özil wurde mit 0,41 Prozent der Stimmen 14., Neuer erreichte Rang 19 (0,21) – Löw wurde ein wenig belächelt. Das Podest der Wahl, berechtigt sind die Trainer und Kapitäne aller Nationalmannschaften sowie ein Journalist pro Land, belegten: Messi vor Cristiano Ronaldo und Andrés Iniesta.
Und dieses Mal? Hat sich Löw gedrückt, er hat selbst die verlängerte Frist zur Stimmabgabe (letzte Chance am 29. November) verstreichen lassen. Der Grund: Es sind mit Nationalelf-Kapitän Philipp Lahm, dessen Vertreter Bastian Schweinsteiger, Torhüter Manuel Neuer, Thomas Müller (alle FC Bayern) sowie Mesut Özil (Arsenal) fünf von Jogis Jungs unter den letzten 23 nominiert. Er hat aber nur drei Stimmen – was tun, um keinen zu beleidigen? Nichts. Jogi, der Nichtwähler.
Weil er nicht objektiv und unparteiisch abstimmen könne, da er sich gegen zwei seiner Spieler entscheiden müsse, habe er sich enthalten, so heißt es beim DFB. Ein weiteres Problem: Die Fifa macht die Stimmzettel der Jury-Mitglieder am Ende öffentlich, nicht mal die Geheimniskrämer-Karte also zieht. Dies alles hat laut "Sport Bild" Helmut Sandrock, Generalsekretär des DFB, in einem Schreiben an Generalsekretär Jérôme Valcke vom Weltverband Fifa mitgeteilt und dafür um Verständnis gebeten.
Und Lahm, der DFB-Kapitän? Hat schon gewählt. Franck Ribéry vor Ronaldo und Messi. Clever – und sehr diplomatisch. Ein Bayer soll gewinnen, die Nationalelf-Teamkollegen hat er außen vor gelassen. Dabei hat das Quintett keine echte Chance auf die Auszeichnung – klare Favoriten sind Ribéry (München), Ronaldo (Real Madrid) und Messi, der in den vergangenen vier Jahren den "Ballon d'Or" ("Goldener Ball") entgegen nehmen durfte.
Lahm hat übrigens ganz im Sinne seines Vereinspräsidenten abgestimmt. "Es kann nur ihn als Gewinner geben", sagte der Bayern-Präsident zu "Sport Bild" über Europas Fußballer des Jahres, der bis zu den WM-Playoffs im November als Favorit auf die weltweite Krönung galt. Ronaldo traf für sein Land Portugal in den Ausscheidungsspielen gegen Schweden (1:0 und 3:2) vier Mal. Und Ribéry mühte sich mit den Franzosen gegen die Ukraine (0:2, 3:0) weiter.
"Ich spüre, dass sich da die öffentliche Meinung ein bisschen gedreht hat. Aber in der Zwischenzeit hat sich ja nichts geändert", sagte Hoeneß, "Franck hat ja in diesem halben Jahr seit Saisonende überragende Leistungen gezeigt." Und schließlich: "Ich hätte absolut kein Verständnis, wenn Franck, der total überragend Europas Fußballer des Jahres wurde, nicht Weltfußballer wird." Nur: Hoeneß darf nicht abstimmen, sein Kumpel Ottmar Hitzfeld, der Schweizer Nationaltrainer, schon. Wen er auf eins setzte? Ribéry – bien sûr.
Am Montag gibt die Fifa die Top3-Kandidaten bekannt (ohne Reihenfolge), am 13. Januar wird in Zürich der König gekrönt. Tendenz: Ribéry oder Ronaldo. Messi eher nicht. Zu viele deutsche Nationalspieler auf der Liste: Der Bundestrainer enthielt sich der Stimme. Lahm dagegen war clever: Er wählte Ribéry, seinen Bayern-Kollegen. Und der ist noch im Rennen.