Kuffour, der vergessene Held
Still und leise hat der 32-Jährige, der mit Bayern sogar die Champions League gewann, seine Karriere beendet. Er lebt wieder in Ghana.
MÜNCHEN Er hätte so gerne eins. Ein Trikot, das er tragen darf. Doch Sammy Kuffour hat keines derzeit, sprich: Er, der einstige Publikumsliebling der Bayern-Fans, der hochtalentierte wie ungestüme Innenverteidiger und legendäre Rathausbalkon-Sänger („Wir wolle’ rot-weiße Trikots“), steht ohne Verein da. Am Montag schloss die internationale Transferliste. Nun ist er arbeitslos.
Kuffour lebt derzeit in Kumasi, in Ghana, seiner Heimat. Mit seiner Frau Francisca und seinen drei Kindern. Ihnen blieb keine andere Wahl, sie wussten nicht wohin. Nach 14 Jahren in Europa ging es nun zurück nach Ghana – gezwungenermaßen. „Sammy hat Angebote aus der Bundesliga und der Zweiten Liga abgelehnt“, sagte sein Berater Giuseppe dello Russo der AZ, „er sagte mir, dass er seine Karriere nun beenden will. Ich bin sehr traurig über diesen Entschluss – aber der ist wohl endgültig.“ Auch aus Enttäuschung.
Ein Transfer zum FK Khimki, dem Tabellenletzten der russischen Liga, war in letzter Sekunde gescheitert. Obwohl „transfermarkt.de“ den Deal schon als perfekt gemeldet hatte. Dello Russo: „Das war eine Falschmeldung. Wir haben uns das nur angehört und zum Glück noch abgesagt. Sammy hätte sich in diesem kalten Land sicher nicht wohl gefühlt.“ Nun ist er in Ghana – und feiert dort heute seinen 32. Geburtstag. Wenn ihm denn danach zu Mute ist.
Große Partys hatte er mit dem FC Bayern erlebt. Er wurde sechs Mal Meister, vier Mal Pokalsieger und gewann 2001 die Champions League. Auf dem anschließenden Bankett überzeugte er als launiger Redner. Unvergessen auch sein Siegtor zum Triumph im Weltpokal-Finale 2001 in Tokio gegen die Boca Juniors Buenos Aires – und seine Liebkosungen für Oliver Kahn. Im September 1999 hatte Kuffour den Keeper versehentlich mit dem Knie einen K.o. versetzt und als Kahn zusammensackte, per Mund-zu-Mund-Beatmung panisch wiederbeleben wollen. Kahn kam mit einer Gehirnerschütterung davon. Kuffour überlebte.
Als er den FC Bayern im Sommer 2005 nach elf Jahren verließ, begann seine Leidenszeit. Er wechselte zum AS Rom in die Serie A, verdiente gut und spielte wenig. 21 Mal in der Liga, so seine Referenz. Sein Standing war schlecht, er wurde in der darauf folgenden Saison zum AS Livorno in die Provinz abgeschoben, ein Leihgeschäft. Ein Tor gelang ihm auch dort nicht bei 18 Einsätzen. Er musste zurück nach Rom, wurde nicht mehr gebraucht und im Januar diesen Jahres an Ajax Amsterdam verkauft. Ein Neuanfang? „Dort wollte Sammy schnell wieder weg“, sagte Manager dello Russo, „es lief von Anfang an unglücklich bei Ajax.“ Der neue Trainer Marco van Basten sortierte ihn nach nur zwei Einsätzen im Sommer aus. Das war’s dann.
Der Kontakt zum FC Bayern ist auch abgerissen. Selbst Karin Potthoff, die sich liebevoll um Kuffour gekümmert hatte, als er mit nur 16 Jahren ins Bayern-Internat kam, hat lange nichts mehr von ihm gehört. „Ich habe keine aktuelle Handynummer mehr von ihm“, sagt sie, die Kuffour stets „Mama“ genannt hatte.
Bei der Abschiedsgala von Oliver Kahn war Kuffour auch nicht. Von „seinem besten Freund“ (dello Russo) habe er keine Einladung erhalten. Er, der traurige, vergessene Held.
R. Franke, P. Strasser