Kruses langer Schatten: Kovac hat Ärger wie einst mit Müller

Wolfsburg/Berlin - Er stand nicht auf dem Platz, war nicht im Kader, ja noch nicht einmal im Stadion – und doch ist Max Kruse (34) weiterhin Aufreger-Thema Nummer eins beim VfL Wolfsburg. Sehr zum Leidwesen von Leitwolf Niko Kovac (50), der die selbst angerichtete Misere einfach nicht vom Tisch bekommt – und am Ende sogar darüber stolpern könnte!
Wie sehr die Ausbootung des Stürmers die Wölfe immer noch beschäftigt, wurde spätestens am Sonntagabend nach Abpfiff klar. Man hätte ja in den Katakomben der Alten Försterei zum Beispiel über die Nicht-Leistung der Wölfe in der zweiten Hälfte bei der 0:2-Pleite gegen Union Berlin sprechen können – immerhin war es schon die vierte Niederlage im siebten Bundesligaspiel, inklusive Absturz in die Abstiegszone (Platz 17). Aber stattdessen Kruse, Kruse, Kruse.
Die Kruse-Affäre hat den VfL Wolfsburg weiter fest im Griff
Kapitän Maximilian Arnold reagierte sichtlich genervt auf die immer wiederkehrenden Fragen nach dem ehemaligen Nationalspieler – und motzte: "Es geht nur darum, als würde der VfL Wolfsburg nur aus Max Kruse bestehen. Wir sollten das Thema mal ein bisschen runterfahren." Ein frommer Wunsch, mehr nicht. Denn die Affäre hat den VW-Klub auch über eine Woche nach Kruses Suspendierung und seiner kuriosen Versetzung ins Torwarttraining, wo er die Keeper warmschießen darf, immer noch fest im Griff. Und solange der VfL so harmlos wie in Berlin agiert, wird dies auch noch länger so bleiben.

Kovac sprach hinterher von fehlenden Grundtugenden: "Wir sind einfach nicht bereit, die Basics, die man im Fußball braucht, Leidenschaft, Kameradschaft, die Mentalität, die Aufopferung an den Tag zu legen. Das fehlt mir." Vor allem fehlen dem VfL aber Tore!
Wichtige Kruse-Tore könnten jetzt helfen
Ein Kruse in Normalform könnte der Mannschaft in der jetzigen Situation da womöglich helfen. Genau dafür wurde er im vergangenen Winter geholt: Um Wolfsburg vor dem Absturz zu retten. Das gelang – vor allem auch dank wichtiger Kruse-Tore. Jetzt stehen die Wölfe schon wieder unten drin.
"Jeder weiß um die Qualitäten eines Max Kruse", sagte Arnold: "Jeder weiß auch um die nicht vorhandenen Qualitäten eines Max Kruse." Letzteres könnte eine Anspielung auf den mangelnden Trainingsfleiß des Wolfsburger Enfant terribles sein. Schließlich war genau das der Grund, warum Kovac den beliebten – und zudem gut bezahlten (angeblich knapp vier Millionen Euro pro Jahr) – Sturm-Oldie aus dem Kader warf. Und eine Rückkehr zum Team hatte der ehemalige Bayern-Trainer strikt ausgeschlossen, sagte damals nur knapp: "Wir sind verpflichtet, ihm die Möglichkeit auf Training zu geben. Das machen wir."
Kovac und das "Notnagel"-Thema um Thomas Müller
Apropos Bayern: In München mag sich beim Blick auf Wolfsburg manch einer ans Ende der Ära Kovac an der Säbener Straße vor knapp drei Jahren erinnert fühlen. Damals war der Berliner unter anderem auch über sein Scharmützel mit einem Leistungsträger und unumstrittenen Anführer gestolpert: Thomas Müller. Kurz nachdem Kovac den Ober-Bayern (33), der bei ihm nur noch eine Nebenrolle spielte, öffentlich auch noch zum "Notnagel" degradierte, war seine Zeit München abgelaufen.

In Wolfsburg bekommt Kovac aktuell die Unterstützung von der Chef-Etage. Auf die Frage, wie groß das Vertrauen in den Coach sei, sagte Noch-Geschäftsführer Jörg Schmadtke ohne zu zögern: "Groß. Wir stellen den Trainer nicht in Frage. Und wir stellen ihn auch nicht in den Wind." In der aktuellen Lage des Klubs sieht der Manager alle gefordert. "Wir müssen da gemeinschaftlich rauskommen. Deswegen gibt es da keine Diskussion." Zumindest noch nicht...