Kroos mit breiter Brust: "Ich gehe nicht davon aus, dass es mein letztes Spiel ist"

Herzogenaurach - Toni Kroos kam mit dem Selbstvertrauen eines großen Champions zur Pressekonferenz am Mittwochnachmittag in Herzogenaurach. Der Gedanke an ein mögliches Ausscheiden im EM-Viertelfinale gegen Spanien am Freitag (18 Uhr) in Stuttgart? Ganz weit weg für den 34-Jährigen. "Ich bin überhaupt nicht nostalgisch", sagte Kroos lächelnd: "Ich gehe nicht davon aus, dass es mein letztes Spiel ist."
Es ist genau diese Überzeugung, die der Nationalelf in den vergangenen Jahren gefehlt hat. Kroos hat sie zurückgebracht. Und damit den Glauben an den Triumph bei der Heim-EM. Der Pokal "hätte eine riesengroße Bedeutung, es wäre ein sensationelles Ende", betonte Kroos, der vor seinem 114. Länderspiel steht und nach dem Turnier Schluss machen wird. Er habe sich zwar "auch mit dem Szenario beschäftigt, dass es nicht klappt", so Kroos über die Motivation für sein Comeback, aber: "Wenn ich nicht die Chance gesehen hätte, das mit der Mannschaft zu schaffen, hätte ich es nicht gemacht:"
Nun fehlen noch drei Schritte: Viertelfinale, Halbfinale, Endspiel. Das KROOSe Finale.
Kroos erlangte als Dirigent des Real-Orchesters Legenden-Status in Spanien
Zunächst muss die beste Mannschaft des bisherigen Turniers eliminiert werden. Deutschland gegen Spanien. Kroos gegen seine Wahlheimat, die ihn so verehrt wie kaum einen anderen Akteur aus dem Ausland. Ganze zehn Jahre spielte der Mittelfeldstar für Real Madrid, er hatte immer einen Stammplatz. Das allein ist eine riesige Auszeichnung.
Doch Kroos, von 2006 bis 2014 beim FC Bayern und nie innig geliebt, prägte die Königlichen nachhaltig, er dirigierte das Orchester der Superstürmer aus dem Zentrum heraus, bestimmte den Takt. Er, der selbst geniale Züge hat mit seinen millimetergenauen Pässen, ließ die Künstler glänzen. "Die einen sind schneller, die anderen brauchen ein bisschen länger. Irgendwann haben es alle verstanden", sagte Kroos über die unterschiedliche Wertschätzung der Öffentlichkeit in Spanien und Deutschland.
Jüngst, nach dem gewonnenen Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund (2:0), flehten ihn die Fans bei der Siegesfeier in Madrid an, noch länger für Real zu spielen. "Toni, bleib!", riefen sie immer wieder. Auch Trainer Carlo Ancelotti versuchte, Kroos umzustimmen. "Wir hoffen, er ändert seine Meinung, und wenn er das tut, sind wir da", sagte der Italiener. Doch das wird nicht passieren.
Kroos-Zukunft liegt in der eigenen Madrider Akademie
Ein Kroos, ein Wort. Karriereende. Er will künftig Kinder in seiner Akademie in Madrid trainieren. Nur einmal, für diese Heim-EM, hatte Kroos seinen Rücktritt von 2021 überdacht und korrigiert. Daher soll es jetzt bis ins Finale in Berlin am 14. Juli gehen. "Der Glaube in dieser Mannschaft ist extrem gewachsen", sagte Kroos: "Wir haben gute Chancen. Die Spanier spielen einen guten Ball - wir allerdings auch." Dank ihm.
Dem Mittelfeld-Ass kommt im zentralen Mittelfeld eine Schlüsselrolle zu. Gemeinsam mit Robert Andrich und Ilkay Gündogan trifft er auf die spanischen Strategen Rodri, Fabián Ruiz und Pedri. "Ich habe immer die Meinung vertreten, dass Spiele in der Mitte entschieden werden", sagte Kroos: "Wer da ein Übergewicht hat und das Spiel kontrolliert, hat gute Chancen, zu gewinnen."
Kontrolle, Ruhe. Diese beiden Elemente seien durch Kroos wieder ins DFB-Team eingezogen, lobte Leroy Sané: "Vorher waren wir nicht stabil genug. Toni hat uns diese Schwäche komplett genommen. Wir sind alle sehr glücklich, dass er zurückgekommen ist und uns stärker gemacht hat."
Dazu sind nur ganz besondere Spieler fähig. Für Lothar Matthäus ist Kroos "vielleicht sogar der größte deutsche Fußballer, ganz sicher einer der größten", wie der Rekordnationalspieler der AZ sagte: "Er hat die WM gewonnen, so oft die Champions League. Mit dem EM-Titel kann er sich selbst krönen." Na dann: los!