Krisensitzung und Klartext: "Sind sauer auf uns selbst"
Geschlagene 50 Minuten später als geplant erschien Manuel Neuer zur Pressekonferenz im WM-Quartier von Watutinki. Und das hatte einen Grund. Der Nationalelf-Kapitän kam nämlich gerade von einer teaminternen Krisensitzung, bei der es nach dem enttäuschenden 0:1 am Sonntag gegen Mexiko ziemlichen Gesprächsbedarf gab.
Manuel Neuer: Keine zweite Niederlage
"Wir sind unsere schärfsten Kritiker und sauer auf uns selbst", sagte Neuer nach der emotionalen Aussprache. Alle hätten sich "ehrlich ins Gesicht" gesagt, was falsch laufe: "So stark war die Kommunikation noch nie in unserer Mannschaft." Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff begrüßte das: "Ich mag, dass Bewegung und Reibung da ist." Das Mexikospiel sei laut Neuer ein Warnschuss, "wir können keinen zweiten Wachrüttler gebrauchen".
Mats Hummels hatte schon unmittelbar danach offen über fehlende Unterstützung der Kollegen bei der Defensivarbeit geklagt. "Gut und bemerkenswert", fand sein neuer Trainer beim FC Bayern, Niko Kovac, in seiner Kolumne in der "FAZ", "dass Hummels die Dinge so deutlich ansprach. Er hat niemanden mit seiner Kritik verletzt, aber den Trainer in seiner Arbeit unterstützt."
Joachim Löw ist nun mehr denn je auch als Psychologe gefragt, um die gefallenen Weltmeister wieder aufzurichten. Aber kann und will er das nach zwölf weitgehend gemütlichen Jahren im Amt? "Der Jogi", sagt einer, der den Bundestrainer gut kennt, "sieht sich als Weltmeistertrainer und lebt in seiner eigenen Welt." Löw, 58, schwebt spätestens seit dem Rio-Triumph über den Dingen. Die öffentlichen Debatten, die Kritik, die jetzt auch auf ihn einprasselt, "kommen nicht mehr an mich heran", sagte Löw.
Keine anderen Spieler gegen Schweden?
"Die Mannschaft glaubt daran, dass wir das schaffen – und uns für die K.o.-Runde qualifizieren", meinte Neuer. Das Spiel am Samstag gegen Schweden soll dabei zum Schlüssel werden. Am liebsten hätte das Team das 0:1 gegen Mexiko "noch am gleichen Tag" wettgemacht. Die "Hauptursache" für den WM-Fehlstart liege "bei den Führungsspielern", sagte Neuer. Diese hatten gegen Mexiko "nicht die Bereitschaft, es selbst zu organisieren und die Sache in die Hand zu nehmen".
Personelle Wechsel sind für Neuer nicht unbedingt notwendig, auch wenn es im Reservisten-Training "geknallt" habe und die zweite Garde "brenne". "Da ist kein Hexenwerk nötig", findet auch Kovac und fasste zusammen: "Der deutsche Imperativ heißt jetzt ganz einfach zwei Siege."