Kopfball-Schreck Hummels ebnet Halbfinal-Weg - "Maaaaaaaaaaaaaats"
Im Achtelfinale fehlte Mats Hummels krank, im Viertelfinale jubelte er als Matchwinner über das goldene 1:0. Wieder war eine Standardsituation entscheidend. Die Arbeit hat sich gelohnt.
Rio de Janeiro - Wieder ein Standard, wieder Mats Hummels, wieder per Kopf. Schon mit seinem Treffer beim 4:0 über Portugal erfüllte sich der Innenverteidiger einen "Kindheitstraum", doch sein goldenes Tor beim 1:0 (1:0) gegen Frankreich auf dem Weg ins WM-Halbfinale war noch um einiges mehr wert - und das auch noch im Fußball-Heiligtum Maracanã. Nach seinem zweiten Treffer bei dieser WM wurde der Abwehrstratege von Borussia Dortmund zudem verdientermaßen zum Mann des Spiels gewählt. "Das ist der nächste Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Ich hoffe, dass unser Weg noch nicht zuende ist", erklärte der Matchwinner völlig erschöpft nach der Partie.
Wie schon bei seinem ersten WM-Tor zum Turnierauftakt vor zweieinhalb Wochen gegen Portugal, als Toni Kroos per Ecker auflegte, diente der Münchner auch am Freitag in Rio de Janeiro als Vorbereiter. Den Freistoß des Münchners lenkte Hummels in der zwölften Minute dann mit viel Durchsetzungsvermögen ins französische Tor: Unterkante Latte, drin.
Sein viertes Tor im 34. Länderspiel - und jedesmal war er mit dem Kopf erfolgreich. "Maaaaaaaaaaaaaats", jubelte sein verletzter Dortmunder Teamkollege Marco Reus via Twitter in der Heimat. Hummels, seit vier Jahren Nationalspieler, erlebt eine ereignisreiche erste WM. Überzeugend und als Torschütze trat er zum Turnierstart gegen Portugal auf. In Brasilien ein Tor zu schießen, war "einer der größten Träume, die ich als Kind hatte", gestand Hummels, der nach Verletzungspausen "relativ gut ausgeruht" und mit rund 20 Spielen weniger als andere in den Knochen in das Turnier ging.
Eine erneute Blessur, diesmal eine Oberschenkelverletzung, stellte seinen Start im Spiel zwei lange in Frage. Tatsächlich pausieren musste der Dortmunder Abwehrchef dann krank im Achtelfinale gegen Algerien. Einen Substanzverlust brachte der grippale Infekt nicht mit sich, auch wenn Hummels nach den schweißtreibenden 90 Minuten in Rio zugab: "Ich war relativ früh platt heute
" Vor dem Anpfiff hörte sich das noch anders an. "Er hat gesagt, dass er sich auch nicht mehr müde fühlt", so Joachim Löw vor der Partie. Der Bundestrainer konnte um den Dortmunder eine neue Abwehrformation bei diesem Turnier gestalten. Kapitän Philipp Lahm war rechts hinten eine Bank, an der Seite von Hummels spielte anstelle von Per Mertesacker nun Jérôme Boateng auf dem Innenverteidigerposten. Links sicherte wie bisher auch im Turnierverlauf Benedikt Höwedes ab.
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Die Umstellung machte sich bezahlt. Hummels jubelte nicht nur vorne, sondern präsentierte sich auch im Abwehrzentrum als umsichtiger und abgeklärter Defensivmann. Schon vor der Pause klärte er gleich zweimal gegen Power-Stürmer Karim Benzema (11./34.). Auch nach dem Seitenwechsel zeigte er Präsenz - offensiv nach Standards und defensiv. Wieder rettete er gegen Benzema (76.). "Ich glaube, dass zumindest mein persönliches Empfinden sehr gut ist", so der BVB-Profi schon während der Gruppenphase. Und diesen Eindruck untermauerte der 25-Jährige auch im Viertelfinale.
Doch bei allem Erfolg - Hummels wies auch auf die Schnelllebigkeit des WM-Geschäfts hin. "Ich weiß nicht erst seit 2012, dass ein Spiel den gesamten Eindruck relativ schnell schmälern oder korrigieren kann", warnte Hummels vor zu viel vorzeitigem Lob. Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren etwa wurde der bittere Halbfinal-K.o. gegen Italien auch Hummels angelastet.
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Diesmal soll es weiter gehen, Standards könnten ein Trumpf bleiben. Denn wie schon gegen Portugal oder Ghana stach auch gegen die "Grande Nation" wieder eine Situation mit einem ruhenden Ball. Im Training hatte die Mannschaft von Löw viele Varianten einstudiert. Dies sorgte aber auch für Gesprächsstoff, als etwa ein kurioser Freistoßtrick mit einem Müller-Stolperer gegen Algerien missglückte. Trotzdem spricht der bisherige Turnier-Erfolg für den Wert dieser Strategie.
"Das ist immer ein wichtiges Thema, das ist eine gute Waffe", erklärte Löw zum WM-Start. "Diese Standards haben schon Gewicht. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt und sie trainiert." Dass den Bundestrainer schon das Kopfballtor Hummels aus dem Spiel gegen Portugal teuer zu stehen bekommt, dürfte dem 54-Jährigen reichlich egal sein. Denn wie sein Assistent und Standard-Fan Hansi Flick verriet, muss Löw ihn Torwarttrainer Andreas Köpke und Teammanager Oliver Bierhoff zu einem gemeinsamen Essen einladen.
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