Klose: Der erste Kunstrasen-Salto an einem gar nicht so besonderen Tag
MOSKAU - Auf dem Weg zum Mannschaftsbus sah er aus, als habe er das 2:2 gegen Bochum erzielt – nicht den Türöffner-Treffer für die WM in Südafrika. Doch dann grinste Miroslav Klose doch noch. Und sein Gesicht schien einen Salto zu schlagen.
Den Salto, das sagt Miroslav Klose immer, den macht er nur nach ganz besonderen Toren. Wenigstens daran konnte man ablesen, wie wichtig dem Bayern-Stürmer sein Siegtor beim 1:0 in der WM-Qualifikation am Samstagabend gegen Russland war. Klose stocherte den Ball nach dem feinen, überlegten Zuspiel von Mesut Özil im Zweikampf über die Linie und dann hob er ab.
Sein erster Kunstrasensalto – freilich hatte der 31-Jährige diese Jubelnummer nicht trainiert in den letzten Tagen. Er konnte den Salto nicht ganz stehen, kippte etwas nach hinten weg – und dann waren die Kollegen auch schon da, die sich auf ihn stürzten. Sein 48. Treffer im 92. Länderspiel, womit er in der ewigen DFB-Rangliste nun alleiniger Dritter ist.
„Es war kein einfaches Tor. Mein Gegenspieler hat gegrätscht, das war mein Glück“, sagte Klose. Immerhin. Ein Lächeln kam ihm dabei kaum über die Lippen. Erst als er über den Vorbereiter sprach. „Mesut Özil und ich verstehen uns sehr gut Wenn man so ein Talent wie Mesut in den eigenen Reihen hat, kann man sich glücklich schätzen.“
Und die Nationalelf, dass sie einen Klose hat. Er machte das, wofür er die Mannschaft im Kollektiv lobte: Er war da. Im entscheidenden Moment. Klose wie die ganze Elf. „Das zeichnet eben Top-Teams aus“, sagte Klose, „dass sie da sind, wenn es darauf ankommt. Und das waren wir.“ Über sich würde er das nie sagen. Klose spricht nicht gerne über Klose. Und noch weniger bereitwillig über seine Gefühle. Als er bei den Reportern auf dem Weg zum Mannschaftsbus in den Katakomben des Luzniki-Stadions stehen blieb, sah er aus, als habe er das 2:2 gegen den VfL Bochum erzielt – nicht den Türöffner-Treffer für die WM in Südafrika.
Dabei war er mit Zweifeln und einer Portion Unsicherheit ins Spiel gegangen. Zwar wusste er von Bundestrainer Joachim Löw „schon seit zwei Tagen“ (Klose), dass er und nicht sein Bayern-Kollege Mario Gomez als einzige Sturmspitze auflaufen würde, das Abschlusstraining am Freitagabend im strömenden Regen hatte ihn verunsichert. „Da haben wir uns alle nicht besonders gut gefühlt, weil wir auf dem glitschigen Kunstrasen keinen richtigen Gripp hatten“, erzählte Klose. Er entschied sich dann für Schuhe mit kurzen Stollen, die er schon bei den Tests in Mainz getragen hatte, „allerdings mit längeren Stollen“. Es ging gut.
Es ist seine dritte WM. 2002 wurde er Zweiter, 2006 Dritter und Torschützenkönig. In der aktuellen Qualifikation hat er sieben Tore gemacht, ein großer Anteil am nun gelösten Frühbucher-Ticket gebührt ihm.
Warten auf das erste Tor im Verein
Wieder einmal bewies Klose, dass man sich auf ihn verlassen kann – ob er im Verein einen Hänger hat oder nicht. Auch vor dem 3:3 in Finnland letztes Jahr im September hatte Klose über Wochen bei Bayern nicht getroffen, im DFB-Dress dann drei Mal. Diese Saison wartet er noch auf seinen ersten Treffer für die Bayern, in der Nationalelf traf er in den Spielen gegen Aserbaidschan drei Mal und nun in Russland. Als es nicht lief für ihn bei Bayern und zu Saisonbeginn, nahm er sich selbst raus und verordnete sich ein zehntägiges Aufbautraining – welcher Profi verzichtet schon freiwillig auf eine Partie in Dortmund und ein Champions League-Spiel wie das in Tel Aviv? Mittlerweile hat er, wenn auch ohne Tor, bei Bayern seinen Platz im Sturmzentrum sicher, Gomez ist trauriger Bankdrücker.
Ob es denn ein ganz besonderer Tag im Nationalteam für ihn gewesen wäre, wurde Klose gefragt: „Nö“, antwortete er und etwas kokettierend: „Wieso? Jeder Tag ist ein guter Tag für mich.“ Er grinste. Es war als würde sein Gesicht erstmals im Gespräch einen Salto schlagen.
Patrick Strasser