Klopp: Vom Meister zum Heuler

Der Dortmund-Coach verliert mal wieder die Beherrschung. Dabei zeigt die Bilanz der Saison: Bald-Meister Bayern wird nicht mehr begünstigt
von  Patrick Strasser
Jürgen Klopp in Rage beim Spiel gegen Wolfsburg.
Jürgen Klopp in Rage beim Spiel gegen Wolfsburg. © firo

Dortmund/München - Jürgen Klopp trieb es soweit, bis er auf dem Hosenboden saß. Der Dortmund-Trainer war derart in Rage, dass er an der Seitenlinie ausrutschte. Klopps Klimagipfel – draußen Minusgrade, drinnen Sauna. Voller Wut, unter Strom bis unter die Kappe. Die Doppelbestrafung seines Spielers Marcel Schmelzer gegen Wolfsburg hatte ihm Spiel und Laune verhagelt – 2:3.

Wieder mal drei Punkte flöten, dazu Schmelzer mit Rot und die Bayern nach deren unstrittig-souveränen 2:0 in Augsburg auf 14 Punkte nicht Fernglas-, sondern schon Teleskop-artig enteilt. „Ich hätte alles in Kauf genommen, auch den Elfmeter“, sagte er, „aber die Rote Karte hat das Spiel entschieden.“ Also Schiedsrichter Wolfgang Stark. Als Schmelzer auf der Torlinie kunstvoll vermied, nicht mit der Hand zu retten, sondern mit Oberschenkel-Knie-Akrobatik, entschied Stark: Hand! Absicht! Elfmeter! Rot!

„Eine Niederlage zu akzeptieren ist nicht so schwer. Doch wie diese zustande gekommen ist, ist skurril und brutal hart für uns. Denn ich habe meine Mannschaft in der Anfangsphase selten so überlegen gesehen und dann kommt diese spielentscheidende Szene.“ In der 35. Minute – beim Stand von 1:0 für den BVB. Diego verwandelte für Wolfsburg, legte kurz danach für Naldo auf – 1:2, Spiel gekippt, so Klopps Wahrnehmung. Bis vor kurzem trug er ständig eine Kappe mit Aufdruck „Pöhler“, Ruhrpott-Slang für Fußballer, nun ist er mehr Heuler als Pöhler.

Der BVB-Trainer lamentierte: „Jeder hat in der Halbzeitpause mitbekommen, dass es kein Handspiel war. Das war nicht wahnsinnig hilfreich für die Gemütslage.“ Was tun? Handy-Verbot? Internet im Stadion kappen? Klopp jammerte weiter: „Am Ende mussten wir dem hohen Aufwand Tribut zollen. Klar ist, beim Spiel elf gegen elf hätte es nur einen Sieger gegeben.“ Sicher? Klopp, zum Dritten: „Tatsache bleibt, dass das Spiel ab der 35. Minute nicht mehr zu bewerten ist, zumal das nach dem gefühlten 85. Spiel der Saison kein Kindergeburtstag war.“ Da beklagt sich einer über zu viele Spiele – aber würde er auf die Champions League verzichten?

14 Punkte Abstand sind es zum FC Bayern. Verdientermaßen? Die AZ hat verglichen: Es liegt nicht am Glück, es ist ein Beleg der Klasse. Die 13 Siege waren meist künstlerisch wertvolle Vorführungen der eigenen Klasse, alle wurden mit zwei oder mehr Toren Abstand erzielt. Und die Schiedsrichter? Mehr pro als kontra? Laut Infografik des „Kicker“ (Stand: vor Spieltag 16) wurden die Bayern bisher drei Mal in dieser Saison begünstigt, ein Mal benachteiligt. Der BVB dagegen durfte sich fünf Mal Freude, drei Mal ärgern. Nun steht es eben 5:4 – also hält es sich insgesamt die Waage.

Die Elfmeter: Bayern bekam drei (zwei nach Handspielen!), verwandelte – wie Müller in Augsburg – jeweils souverän. Zumindest der beim 2:0 gegen Frankfurt an Schweinsteiger war eher aus der Kategorie Geschenk. Gegen die Bayern gab es nur einen: Szalai traf, Mainz verlor dennoch 1:3. Die Dortmunder Elferstatistik: Zwei für, einen gegen. Alle drin. Und der zum 2:2 am Samstag war eine Konzessionsentscheidung.

Schmelzer kann aufgrund der Entschuldigung von Schiedsrichter Stark („Ein klarer Fehler von mir. Das tut mir leid“) mit einem Freispruch rechnen. „Wie der damit umgegangen ist, er hat nur einmal gebrüllt und ist dann vom Platz geschlichen – dafür müsste man ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen“, meinte Klopp. Der Trainer sollte sich mal seinen Spieler zum Vorbild nehmen. Oder Jupp Heynckes. Denn: Wann hat der zuletzt mal rumgepöhlt?

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