Klaus Fischer: „Der hätte bei uns nicht mehr gespielt“
Mit 32 Toren in 45 Länderspielen ist Klaus Fischer einer der erfolgreichsten Torjäger, er schoss 1982 das „Tor des Jahrhunderts“. Was die Stürmer-Ikone jetzt Mario Gomez rät: „Da hilft nur Malochen“.
AZ: Herr Fischer, Sie waren selbst Stürmer. Haben Sie Mitleid mit Mario Gomez?
KLAUS FISCHER: Nein, nicht direkt. Die Pfiffe gegen ihn beim Spiel in Leipzig waren unfair. Aber ich kann es nachvollziehen: Die Fans sehen, wie er immer für den VfB Stuttgart trifft, geben viel Geld für ein Nationalelf-Ticket aus und dann das.
Haben Sie ähnliche Durststrecken mitgemacht?
Während der WM 1978 in Argentinien war das so, da habe ich in fünf Partien nichts getroffen und wurde auch immer verzweifelter. Du willst es nicht wahr haben, aber irgendwann glaubst du: Ich kann's wirklich nicht. Das passiert dann unfreiwillig. Du schiebst es erst von dir und dann lässt es dich plötzlich nicht mehr los. Es zermartert deinen Kopf. Ich wurde dann auch auf die Bank gesetzt.
Mario Gomez nicht. Obwohl er nicht einmal gegen Liechtenstein getroffen hat, garantierte ihm Bundestrainer Löw den Einsatz im Wales-Spiel am Mittwoch.
Im Grunde ist es gut so, dass er an ihm festhält, das baut ihn auf. Aber ich frage mich schon, bei welchem Niveau wir mittlerweile angekommen sind. Jetzt hat er nicht einmal gegen die Halbamateure getroffen, das war ja eine bessere Dorfauswahl. Heutzutage darf ja jeder, der einigermaßen kicken kann, schon nach kurzer Zeit in die Nationalelf. Das war bei uns früher anders. Der hätte bei uns nicht mehr gespielt.
Wieso das?
Da wurde härter selektiert, da musste erst einmal über Jahre im Verein Leistung bringen. So mancher kommt heute im ersten Bundesliga-Jahr zum DFB. Das ist doch zum Teil lachhaft.
Was soll Gomez jetzt machen, damit es wieder klappt?
Der hat einen Komplex, das ist das Problem. Wenn du so einen Anti-Lauf hast, gehen die simpelsten Dinger nicht rein – egal, gegen wen du spielst. Du triffst alles: Pfosten, Latte, Gegenspieler, Torwart – nur das Tor nicht. Das einzige Rezept ist: Malochen! Im Training arbeiten ohne Ende. Die einfachen Dinger machen.
Besteht die Gefahr, dass sich andere Stürmer, etwa Lukas Podolski, anstecken lassen?
Nein, aber die Mannschaft darf auch nicht nur auf Mario Gomez schauen und versuchen, ihm zwanghaft einen aufzulegen. Das geht schief. Da kann ihm keiner helfen, nur einer: Mario Gomez selbst. Ein Tor würde Wunder wirken.
Interview: Patrick Strasser