Kicker und ihre Nationalteams: Unter falscher Flagge

Ob Kevin-Prince Boateng oder Jermaine Jones: In Brasilien spielen viele Profis nicht für das Land, in dem sie geboren sind. Der große Überblick.
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MÜNCHEN Tja. Hätte er nur. Hat er aber nicht, der Jogi Löw. Vor der EM 2008 sortierte der Bundestrainer drei Spieler während des Trainingslagers von Mallorca aus, es traf nach einer zehntägigen Casting-Show Marko Marin, Patrick Helmes und Jermaine Jones – und mit jenem Jones, damals Schalke, heute Besiktas Istanbul, könnte es am 26. Juni ein bitterböses Wiedersehen geben. Dann nämlich, wenn Jones mit dem US-Team die Nationalelf von Löw aus der Vorrundengruppe G schmeißt.

Bei der WM in Brasilien spielen viele Profis nicht für das Land, in dem sie geboren sind. Der große AZ-Überblick:

Jermaine Jones (spielt für USA / geboren in Deutschland): Der Sohn eines in Deutschland stationierten US-amerikanischen Soldaten und einer deutschen Mutter ist in Frankfurt geboren, spielte in der U21 des DFB, im einstigen Perspektivteam 2006 und absolvierte drei A-Länderspiele. Weil es nur freundschaftliche Vergleiche waren, konnte Jones 2010 übertreten und für die US-Boys auflaufen – er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft. In der Mannschaft von Coach Jürgen Klinsmann ist er eine wichtige Stütze. In Brasilien trifft Jones seinen einstigen Aussortierer Löw wieder. „Ich bin ich ihm dankbar, weil ich durch ihn die Länderspiele für Deutschland bekommen habe, was mich auch stolz macht“, sagt Jones, „auf der anderen Seite bin ich ein bisschen traurig, dass es nicht direkt in der deutschen Nationalelf geklappt hat.“

Kevin-Prince Boateng (Ghana/Deutschland): Berlin ist der Geburtsort der Halbbrüder, die einen ghanaischen Vater haben. Wie schon bei der WM 2010 in Südafrika (1:0) trifft Kevin-Prince Boateng mit Ghana auf Bayern-Verteidiger Jérôme Boateng und die DFB-Auswahl. „Da ich sowohl ghanaische als auch deutsche Wurzeln habe, ist dieses Spiel sehr wichtig für mich“, sagte der Schalker Kevin-Prince und meinte über Jérôme: „Meinem Bruder auf solch einer Ebene zu begegnen, ist natürlich etwas Besonderes für mich.“ Kurz nach Auslosung der WM-Vorrunde twitterte Kevin-Prince: „Bruder, es ist wieder so weit. So schön ist das Leben.“ Man sieht sich am 21. Juni in Fortaleza.

Timothy Chandler (USA/Deutschland): Der Jones-Mitspieler Chandler (in Frankfurt geboren) wechselt nach dem Abstieg mit dem Club zurück zu Eintracht Frankfurt. Der 24-Jährige machte nach nur zehn Bundesliga-Einsätzen sein erstes Länderspiel für die USA – ausgerechnet gegen Argentinien mit Weltstar Messi. Chandler: „Das war Wahnsinn, ein Karriere-Highlight.“

Joel Matip (Kamerun/Deutschland): Der 22-Jährige wurde in Bochum geboren, startete seine Bundesliga-Karriere beim FC Schalke. „Neben Brasilien und Spanien ist Deutschland für mich WM-Favorit. Das spielerische Potenzial spricht für sich“, sagte Matip. Sein Bruder Marvin (FC Ingolstadt) wurde von Kamerun-Coach Volker Finke nicht nominiert.

Eric Maxim Choupo-Moting (Kamerun/Deutschland): Der gebürtige Hamburger (25) traf beim 2:2 im WM-Test gegen die DFB-Elf und wird die Mainzer wohl verlassen, sein Vertrag endet am 30. Juni. Heißester Kandidat als künftiger Verein für den Stürmer (zwölf Tore in 25 Spielen): AS Rom.

José Holebas (Griechenland/Deutschland): Ein Ex-Löwe bei der WM! Von 2006 bis 2010 machte der Verteidiger, geboren in Aschaffenburg, für den TSV 1860 insgesamt 74 Zweitliga-Spiele (7 Tore), wechselte dann zum griechischen Topklub Olympiakos Piräus, wurde auf Anhieb Meister, spielt regelmäßig Champions League – und nun eine WM.

Diego Costa (Brasilien/Spanien): Im März 2013 wurde der Stürmer von Atlético Madrid erstmals in den Kader der brasilianischen Nationalelf berufen, bestritt aber nur Testspiele und so „konvertierte“ Costa im Oktober 2013 zum spanischen A-Team. Aktuell kämpft er wegen Oberschenkelproblemen um sein Comeback.

Gonzalo Higuain (Argentinien/Frankreich): Der 26-Jährige wurde im französischen Brest geboren, sein Vater Jorge spielte einst für Stade Brest. Heute läuft der Stürmer vom SSC Neapel für das Heimatland seiner Eltern auf. Im November 2006 lehnte er einen Einsatz für die französische A-Elf ab.

Eduardo da Silva (Kroatien/Brasilien): Im WM-Eröffnungsspiel trifft der in Rio geborene auf sein Heimatland. 1998 kam Eduardo, heute bei Schachtar Donezk, vom brasilianischen Verein Nova Kennedy in die Jugend von Dinamo Zagreb, 2002 erhielt der Stürmer die kroatische Staatsbürgerschaft.

Sammir (Kroatien/Brasilien): Jorge Sammir Cruz Campos kam in Bahia/Brasilien zur Welt, 2006 wechselte der Mittelfeldspieler nach Zagreb, kickt heute für Getafe. Er gehört zu den Profis, die keinerlei Blutsverbindung zu dem Land aufweisen, für das sie spielen.

 

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