Kickboxerin Marie Lang über das Aus der DFB-Elf.

Münchens Kickbox-Weltmeisterin Marie Lang ist begeisterter Fußball-Fan. Im WM-Gespräch redet sie über das Aus der deutschen Nationalmannschaft, Kampfeswillen und die Wehleidigkeit der Kicker.
von  Matthias Kerber
Marie Lang kann der Weinerlichkeit mancher Fußballer nichts abgewinnen.
Marie Lang kann der Weinerlichkeit mancher Fußballer nichts abgewinnen. © Michael Wilfling/ho

München - Die 31-jährige Münchnerin ist Kickbox-Weltmeisterin. Wir haben mit ihr über das DFB-Team gesprochen.

AZ: Frau Lang, das blamable Aus der deutschen Nationalmannschaft schon in der Vorrunde dieser WM führt Kapitän Manuel Neuer in einer harschen Selbstanklage auf mangelnde Einstellung und fehlenden Kampfeswillen zurück. Da muss es doch gerade bei einer Kampfsportlerin in den Ohren klingeln!
MARIE LANG: Diese Leistung der Deutschen gegen Südkorea war sportlich leider ein echter Offenbarungseid. Man hat ja richtig gesehen, dass die Mannschaft nicht aus dem Quark kommt, die konnten am Ende nicht mal mehr einen Pass über fünf Meter zum Teamkollegen anbringen. Das ist ein Teufelskreis, wenn man irgendwo ja doch mit der Einstellung reingeht: Das ist nur Südkorea, die hauen wir schon 3:0 weg – und dann läuft es nicht. Dann verkrampft man, plötzlich werden die Beine schwer. Die Mannschaft war einfach mental nicht anwesend.

Wie kommt man da raus?
Nur über den Willen, die Einstellung. Es gibt keinen anderen Weg. Ich habe das auch schon mal vor einem meiner WM-Kämpfe erlebt. Ich saß in der Umkleide und war irgendwie vollkommen abwesend, voller Selbstzweifel. Da habe ich meinen Trainer Mladen Steko gebeten, mir eine Watschn zu geben. Das hört sich zwar blöd an, aber es war das, was ich in dem Moment gebraucht habe, um mich aus meiner Lethargie zu holen. Die deutschen Spieler hätten auch ein paar Watschn gebraucht. Entweder wirklich welche – oder im übertragenen Sinne. Aber so haben sie sich einfach ihrem Schicksal ergeben. Das war sehr traurig anzusehen. Ich bin ja leidenschaftlicher Fußball-Fan.

Es fehlt ein Antreiber, der den anderen in den Hintern tritt?
Die deutsche Mannschaft ist mir insgesamt ein bisschen zu brav. Auch auf dem Platz. Da ist keiner, der mal richtig dazwischenhaut. Du brauchst halt auch mal
einen Spieler, der dem Gegner klar macht, dass es wehtut, wenn er vors Tor will. Die Deutschen der jetzigen Mannschaft, die zupfen vielleicht mal am Trikot. Da waren die Jürgen Kohlers, Stefan Effenbergs schon anders drauf. Und ich glaube, hier und da braucht man sowas auch. Spieler, die eine Grenze ziehen und sagen: Bis hierher und nicht weiter.

Seit wann sind Sie denn vom Fußball-Virus infiziert?
Sicher seit sieben, acht Jahren ernsthaft. Früher war ich nur zu Europa- oder Weltmeisterschaften interessiert, jetzt schaue ich mir auch gerne Bundesliga-Spiele an.

Wie kommt das denn?
Die Liebe natürlich. Mein Freund ist begeisterter Fußball-Fan, Schalke-Anhänger durch und durch. Seine ganze Familie auch. Deswegen war ich auch schon oft in der Arena auf Schalke. Seit wir aber wieder in München leben, gehe ich auch sehr gerne in die Allianz Arena. Dann aber allein, da geht er nicht mit. Ich aber genieße einfach die Atmosphäre im Stadion, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl. Wenn etwa bei einer WM plötzlich alle zusammen mitfiebern und anfeuern, das sind oft magische Momente. Wir fliegen jetzt in Urlaub auf die Malediven. Mein Freund hat gleich mal gecheckt, ob in dem Hotel die WM-Spiele gezeigt werden. Er war schon dabei, sein Handyvolumen aufzustocken, um die Partien notfalls zu streamen. Wenn das kein Fußball-Fan ist, was dann?

Sind Sie dann in voller Fan-Montur unterwegs?
Klar, ich besitze auch viele deutsche Trikots. Wobei, wenn ich ehrlich bin, gehören sie eigentlich meinem Freund. Aber der kriegt dann immer das aktuelle Nationaltrikot und ich beanspruche alle anderen für mich. Aber jetzt habe ich das deutsche Trikot für den Urlaub wieder aus dem Koffer getan, das war schon drin. Jetzt kommt halt was anderes rein.

Sie sind Kickboxerin, sind schon mit angebrochenem Schienbeinkopf in den Ring gestiegen. Was halten Sie denn eigentlich von der Wehleidigkeit der Fußballer?
Ja, das geht mir gehörig auf den Senkel, diese übertriebene Theatralik, diese Schauspielereien, wenn sich die Spieler nach jeder Berührung am Boden wälzen, als hätte sich ihnen gerade Mike Tyson mit all seiner Härte vorgestellt. Und danach springen sie auf und alles ist in Ordnung. Und dumm ist es nebenbei auch. Heutzutage sieht doch eh jeder gleich mit all den Zeitlupen, dass das nur eine billige und schlechte Schauspieleinlage war. Das macht mich richtig aggressiv, diese Wehleidigkeit, da denke ich mir schon fast: Ich gehe jetzt auf den Platz und zeige Dir, was wirklich wehtut (lacht). Auf jeden Fall kann ich sagen, mit Männlichkeit hat das Verhalten gar nichts zu tun, das ist so abtörnend. Wobei ich zugeben muss, die Verletzung von Sebastian Rudy gegen die Schweden, die war übel anzusehen. Mir war sofort klar, die Nase ist gebrochen. Das habe ich als Kampfsportlerin ja schon öfters gesehen. Der war sehr, sehr tapfer, wie er alles versucht hat, noch weiterzuspielen.

Die Fußballer sind für Ihre Spielerfrauen bekannt, Sie haben dafür...
...den Spielermann! Mein Freund und ich haben gerade erst herzhaft gelacht, weil es schon so ist, dass er schaut, was er zu meinen Kämpfen anzieht, weil er weiß, dass er da auch im Fernsehen ist. (lacht)

Wer braucht länger im Bad?
Schon ich, aber er achtet schon sehr darauf, dass jedes Haar sitzt, bevor er das Haus verlässt. Eitelkeit ist keine rein weibliche Sache.

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