Khedira schlägt Alarm: "Müssen zurück zu alten Tugenden!"

Die Defensive bleibt das beherrschende Thema bei der Nationalmannschaft vor dem Schlussspurt in der WM-Quali. Sami Khedira fordert sogar einen Paragidmenwechsel.
von  SID
Nationalspieler Sami Khedira bei der Pressekonferenz des DFB am 3.September in München.
Nationalspieler Sami Khedira bei der Pressekonferenz des DFB am 3.September in München. © dpa

München – Nun schlagen sogar die Spieler Alarm: Nach der heftigen Kritik hat in Sami Khedira der nächste Nationalmannschafts-Star angesichts der massiven Defensivprobleme ein Umdenken bei der DFB-Auswahl gefordert. Der 26-Jährige ging dabei noch weiter als zuvor Per Mertesacker und forderte sogar eine andere Spiel-Philosophie beim Weltranglisten-Zweiten.

"Wir dürfen nicht nur spektakulär offensiv spielen, sondern müssen auch zurück zu den alten Tugenden", sagte der defensive Mittelfeldakteur von Real Madrid: "Es ist alles schön und gut, wenn wir in jedem Spiel drei oder vier Tore schießen. Aber wenn man längerfristig denkt – und das tun wir – müssen wir schauen, dass wir diese Quote an Gegentoren schnellstmöglich korrigieren. Dafür müssen alle Mann daran denken, dass wir hinten ein Tor haben, das wir verteidigen müssen."

In den letzten drei Länderspielen gegen Paraguay (3:3), die USA (3:4) und Ecuador (4:2) hat die deutsche Nationalmannschaft neun Gegentore kassiert. Gegen international eher zweitklassige Kontrahenten und im Paraguay-Spiel sogar annähernd in Bestbesetzung. "Gegen starke Gegner wird es entscheidend sein, möglichst gar kein Gegentor zu bekommen", mahnte Khedira schon mit Blick auf die WM in Brasilien, bei der Deutschland möglichst den ersten Titel seit 1996 holen will.

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"Natürlich ist der ein oder andere Fehler in der Abwehr passiert", erklärte der 26-Jährige: "Aber das ist nicht nur ein Frage der Abwehr. Wir müssen insgesamt kompakter werden. Auch jeder Offensivspieler muss mithelfen, dass wir nicht mehr so anfällig sind."

Löw, der sich am Mittwoch erstmals seit dem Paraguay-Spiel öffentlich äußern will, hatte schon vor drei Wochen nach dem Abpfiff in Kaiserslautern erklärt, dass man die Probleme vor den vorentscheidenden WM-Qualifikationsspielen gegen Österreich am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) in München und auf den Färöern am 10. September (20.45 Uhr/ARD) "sowohl auf dem Platz als auch im Videostudium ansprechen und angehen" wolle.

Die "Balance im Team" hat der 53-Jährige sich seit langem auf die Fahne geschrieben, ohne in diesem Punkt ernsthafte Fortschritte erwirkt zu haben. Gegen den Begriff "deutsche Tugenden" – unter dem der Fußball-Fan im allgemeinen Einsatz, Laufbereitschaft und Zweikampfstärke versteht – hatte er sich jedoch stets gewehrt. Kreativität und spielerische Klasse sollten die neuen deutschen Tugenden sein, hatte Löw stets gesagt: "Deutsche Tugenden sind mittlerweile eben auch sehr guter Angriffsfußball."

Vor dem Paraguay-Spiel hatte der Bundestrainer klargemacht, dass er von seinem grundsätzlichen Konzept nicht abrücken will. "Ich persönlich liebe es über alles offensiv zu spielen. Ich liebe das Risiko", hatte er betont: "Ich will eine Mannschaft sehen, die Spielkultur hat, die Druck ausüben kann. Davon werden wir kein bisschen abweichen."

Doch die klassischen Defensiv-Spieler sind es inzwischen leid, die Sündenböcke für die vielen Gegentore zu sein und als "Schlappwehr" (Bild) verspottet zu werden. Dies machte zu Wochenbeginn auch schon Innenverteidiger Mertesacker klar. "Ich denke, dass allen auf dem Platz klar sein muss, dass wir zusammen verteidigen müssen. Ich finde es nicht angebracht, dass immer nur die Viererkette beschimpft wird, wenn es mal blöd läuft", hatte der 29-Jährige vom FC Arsenal in einem Welt-Interview gesagt: "Dass manchmal ganz andere Handlungen auf dem Platz Auslöser für etwas sind, wird oftmals übersehen."

Die personellen Alternativen in der Abwehr fehlen auch. Intern übt der Münchner Jerome Boateng Druck auf die zuletzt gesetzten Mertesacker und Mats Hummels aus. Doch während in der Offensive viele neue Spieler nachdrängen, gilt dies in der Defensive allenfalls für den Freiburger Innenverteidiger Matthias Ginter. Der 19-Jährige stehe unter Beobachtung, erklärte Löw, brauche aber noch Zeit.

 

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