Kein Mitleid mit dem trotzigen Kleinkind
Die Mitleidsnummer liest sich einfach: Ein honoriger Nationalspieler wird während seines Urlaubs herzlos abserviert und per Pressemitteilung aus dem Kreis der Elitekicker verbannt. Ahnungslos sitzt er, der sich jahrelang verdient gemacht hat um den deutschen Fußball, am Strand und erfährt im Internet, dass er ohne großen Titel abtreten muss.
Doch so leicht, wie es sich Michael Ballack macht mit seiner Tirade gegen Joachim Löw, ist es nicht. Und dass er den Bundestrainer jetzt zu diskreditieren versucht, indem er ihn indirekt der Lüge bezichtigt, ist das letzte Indiz dafür, dass es dem Ex-Kapitän nur um eine Sache geht: seine.
Gewiss hat Löw den richtigen Zeitpunkt verpasst, sich endgültig loszusagen vom alten Leitwolf, der nicht mehr zum Jungrudel passt; doch tat er dies auch aus Rücksicht auf Ballack, der selbst den Schlussstrich hätte ziehen sollen.
Dass der DFB sich wehrt gegen Ballacks Nachtreten, ist kein Revanchefoul, sondern dient der Aufklärung – als Beleg der These, dass der „Capitano“ selten Teamplayer war, meist aber rechthaberischer Vertreter seiner eigenen Position. Nun versucht er verzweifelt, als moralischer Sieger aus der Posse hervorzugehen. Mit der Folge, dass es nur Verlierer gibt: Löw, dem erstmals öffentlich die Charakterfestigkeit abgesprochen wird. Und Ballack sowieso, der gegen Löws Entscheidung rebellierte wie ein trotziges Kleinkind, starrköpfig um sich schlagend.
So mies ist selten jemand abgetreten. Man fühlt sich an schlimmste Tage erinnert. Und an Lothar Matthäus.
Dass die Karriere eines großen Spielers ein so unrühmliches Ende nimmt, hat Ballack selbst zu verantworten. Mitleid ist nicht angebracht.