Jupp, der Authentische

Der Ex-Bayern-Coach Heynckes nutzt seine Vorstellung bei Bayer Leverkusen zur Abrechnung mit der Generation Labbadia.
von  Abendzeitung
Die neue Bayer-Riege: Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser (l.), Trainer Jupp Heynckes, Sportdirektor Rudi Völler (r.).
Die neue Bayer-Riege: Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser (l.), Trainer Jupp Heynckes, Sportdirektor Rudi Völler (r.). © dpa

Der Ex-Bayern-Coach Heynckes nutzt seine Vorstellung bei Bayer Leverkusen zur Abrechnung mit der Generation Labbadia.

LEVERKUSEN Jupp Heynckes hat das Wort oft benutzt während seiner fünf Wochen als Bayern-Retter. „Authentisch“ müsse man sein. Einen schriftlichen Vertrag mit dem Rekordmeister? „Brauche ich nicht.“ Und auch sein sensationelles Engagement bei Bayer Leverkusen – Heynckes wird beim Werksklub Cheftrainer bis 2011 – hat der 64-Jährige mit Sportdirektor Rudi Völler per Handschlag besiegelt.

Ein Mann, ein Wort.

Es war dennoch verwunderlich, dass der sonst so zurückhaltende Heynckes seine Präsentation am Samstag zur großen Abrechnung nutzte – mit der jungen Trainer-Generation und vor allem auch mit seinem Vorgänger bei Bayer, Bruno Labbadia.

Heynckes: "Ich habe noch nie einen Vertrag gebrochen"

„Die Praktiken kann ich nicht gut heißen“, sagte Heynckes in Bezug auf gebrochene Verträge. „Ich habe noch nie einen Vertrag gebrochen. Auch nicht, als ich 1996 als Trainer von CD Teneriffa ein Angebot vom FC Barcelona hatte. 101 von 100 Trainern hätten das angenommen. Das ist eine Sache der Ethik, des Selbstverständnisses.“

Das bei Labbadia ofenbar anders tickt. Der Ex-Profi, der bei Bayer noch bis 2010 unter Vertrag gestanden hatte, wurde am Sonntag als Chefcoach beim Hamburger SV vorgestellt. Der ehemalige Stürmer, der es zunächst auf eine Entlassung anlegte und für den der HSV nun rund 1,3 Millionen Euro Ablöse zahlt, gilt als Paradefall für das dieser Tage unter Trainern so populäre Job-Hopping. Weitere Beispiele? Felix Magath – von Wolfsburg zu Schalke. Christoph Daum – von Köln zu Fenerbahce. Beide nutzten vertraglich festgeschriebene Ausstiegsklauseln zur Flucht.

Eine Tatsache, die Heynckes, ein Trainer der alten Schule, nicht nachvollziehen kann. Er meinte aber auch: „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass Vereine Ausstiegsklauseln in Verträgen bei Trainern einbauen. Wichtig ist, dass man sich mit seiner Arbeit, dem Klub, der Region und der Laufzeit des Vertrages identifiziert.“

Noch deutlicher wurde Völler. Bayers Sportdirektor hatte Labbadia halten wollen, trotz eines am Tag vor dem – gegen Bremen verlorenen – Pokalfinale lancierten, provokanten Interviews in der „SZ“. Dort hatte der Coach mit Spitzen gegen die Klubführung und Kritik am eigenen team quasi um seine Entlassung gebettelt. Nun motzte Völler: „Das war schlecht. Das hat Bayer Leverkusen geschadet. Und wenn ich dann höre, dass das Interview über einen Medienberater lanciert worden war, kann ich das nicht mehr verstehen. Ich dachte, das gibt es nur in der Showbranche. Aber Jürgen Klinsmann hat ja auch einen Medienberater, der Fragen vor einem Interview schon vorformuliert.“ Dies vermutete zumindest Bayern-Manager Uli Hoeneß nach Klinsmanns Interview bei Günther Jauch. Klinsmann wird von Roland Eitel beraten, Labbadia von Christian Frommert, dem früheren Pressesprecher der Radfahrer von Team Telekom.

Völler über Labbadia: "Das kotzt mich an!"

Völler redete sich wieder einmal in Rage: „Das kotzt mich an! Wozu braucht Bruno einen Medienberater? Das kann ich nicht verstehen. Vielleicht bin ich da ja altmodisch, aber ich brauche keinen Medienberater.“

Zwar behauptete Labbadia am Sonntag, dass er selbst den Termin zur Veröffentlichung des Interviews gewählt habe („Dafür brauche ich keinen Medienberater“), doch ein Coach wie Heynckes ist Völler dann doch lieber. Was er denn am 64-Jährigen schätze, wurde Völler gefragt: „Er ist authentisch geblieben.“ Da war es wieder, Heynckes aktuelles Lieblingswort.

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