Julian Nagelsmann krempelt die Nationalmannschaft um: Die neue Machtstruktur beim DFB
Boston - Im Flieger nach Boston saßen die Klassensprecher der Nationalmannschaft nebeneinander und machten Späßchen mit den Kollegen – vor allem natürlich er: Thomas Müller (34). "Es geht in die USA, wir sind ready", sagte der Bayern-Star mit einem Grinsen in seinem inzwischen obligatorischen Instagram-Video vor dem Abflug, Mats Hummels (34), Kevin Trapp (33) und Leon Goretzka (28) schienen sich in der Müller-Reihe zu amüsieren.

Und Joshua Kimmich (28)? "Josh, sag mal was!", rief Müller seinem Münchner Kollegen zu. Doch Kimmich, der schräg hinter Müller allein am Fenster saß, winkte nur mal kurz. "Die Nationalmannschaft ist gut drauf", fasste Müller die Stimmung zum Start der USA-Reise zusammen. Beim Routinier und Wortführer wie immer noch ein bisschen besser als bei allen Mitspielern. Erst recht, als er am Gate von zwei amerikanischen Fans im Bayern-Trikot empfangen wurde. Nummer 25, Müller, klar.
Neue Machtstruktur: Julian Nagelsmann sorgt beim DFB für Aufbruchstimmung
Es hat sich atmosphärisch einiges getan, seit Hansi Flick im September nach der 1:4-Klatsche gegen Japan entlassen wurde. Rudi Völler, der Interimscoach, holte einen 2:1-Sieg gegen Frankreich (mit einem Tor des nachnominierten Müller), das war der Startschuss.

Unter Flick-Nachfolger Julian Nagelsmann liegt nun sogar ein wenig Aufbruchsstimmung in der Luft – weil der Coach clevere Personalentscheidungen trifft und auf eine neue Machtstruktur setzt, die der Mannschaft Halt und Orientierung geben soll. Die AZ erklärt, wer die Leader sind.
Hierarchie im DFB-Team: Ilkay Gündogan bleibt Kapitän, die FC-Bayern-Stars sind unverzichtbar
Die Chefetage: Nagelsmann-Vorgänger Flick machte Ilkay Gündogan (32) zum neuen Kapitän, daran wird sich auch nichts ändern. Der Barcelona-Star reiste gemeinsam mit Teamkollege und Keeper Marc-André ter Stegen (31) aus Katalonien an, er bleibt selbstverständlich in der obersten Chefetage.

Es gibt allerdings ein starkes Gegengewicht mit bayerischer Prägung. So ist Kimmich bei seinem Vertrauten Nagelsmann im zentralen Mittelfeld gesetzt und Gündogans Stellvertreter. Und da wäre ja auch noch Müller, der gefühlte Kapitän, die Seele dieser Mannschaft. Der Bayern-Profi hat in dieser Saison bewiesen, dass er unverzichtbar für Bayern und die Nationalelf ist – selbst wenn er nur die Jokerrolle ausfüllt. Mit Blick auf die Heim-EM und die Stimmung im Land wird Müller wichtig bleiben, sportlich genauso.
Eine bedeutende Rolle wird auch Rückkehrer Hummels ausfüllen, der schon im Test gegen die USA am Samstag in Hartford als Abwehrchef auflaufen dürfte. "Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen", sagte Nagelsmann: "Mats hat viel Lust, wieder eine tragende Rolle zu spielen." Wird er.
Zumal der Bundestrainer betonte, auf der Reise eine "Grundstruktur" einführen zu wollen, die in einer erfolgreichen EM münden soll: "Wir werden die anderen Länderspielmaßnahmen sicher auch noch brauchen, um uns weiterzuentwickeln. Aber die erste Struktur, die der Mannschaft helfen soll, stabil zu werden, versuchen wir jetzt in den USA zu legen. Wir haben auch zwei Länderspiele dazu." Das Führungsquartett wird dabei helfen.
Auch Goretzka, Musiala und Sané könnten in der Nationalmannschaft vorangehen
Die zweite Reihe: Es gibt noch weitere Spieler mit Führungsanspruch. Bayerns Leon Goretzka (28) etwa, aber auch Torhüter ter Stegen, der weiter Manuel Neuer (37) vertritt, oder auch Antonio Rüdiger (30) von Real Madrid. Niklas Süle (28), Jamal Musiala (20), Leroy Sané (27), Niclas Füllkrug (30) und Kai Havertz (24) sind ebenfalls Säulen des Teams.
Bei Goretzka wird viel davon abhängen, ob er im Mittelfeldzentrum neben den Platzhirschen Kimmich und Gündogan Einsatzzeit erhält. Die Bayern-Stars Musiala und Sané sind dank ihrer spielerischen Extraklasse in der Lage, eine Mannschaft mitzureißen. Auch sie könnten zu echten Leadern aufsteigen.