Jogis Händchen gegen die Hand Gottes

Beim WM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Argentinien treffen zwei Trainer aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der AZ-Vergleich:
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Total unterschiedliche Typen: Jogi Löw (l.) und Diego Maradona.
dpa Total unterschiedliche Typen: Jogi Löw (l.) und Diego Maradona.

Beim WM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Argentinien treffen zwei Trainer aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der AZ-Vergleich:

KAPSTADT Joachim Löw macht es heimlich. Die starken Espressi zwischendurch, hier und da mal eine Zigarette seiner Lieblingsmarke Marlboro Lights; erwischen lassen möchte sich der Bundestrainer dabei jedoch nicht, er hat ja eine Vorbildfunktion. Stadionkatakomben, Hotelzimmer, nur da lebt Löw die Laster aus.

Diego Maradona macht es öffentlich. Er liebt es. Er knutscht seine Spieler bei den Matches ab, nuckelt im Training auch mal an einer dicken Cohiba. Er schert sich nichts. Der Unterschied: Maradona, die Fußball-Legende seiner Heimat, ein Vergötterter, kann sich alles leisten – nur keine Niederlage im WM-Viertelfinale am Samstag (16 Uhr, ZDF und Sky live) gegen die DFB-Elf und deren Coach Jogi Löw. Der Bundestrainer dürfte bei einem Aus im Amt bleiben, so er denn mag, für Maradona hieße es wohl: Adios!

Die AZ vergleicht die beiden 50-Jährigen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier der Fachmann mit Taktik-Know-How, der sein Team auf den Punkt fit macht – dort der Lebemann, mit allen Wassern gewaschen (wie etwa im WM-Finale ’86). Jogis Händchen gegen die Hand Gottes.

IHR AUFTRETEN

Löw ist bescheiden, freundlich, höflich, zuvorkommend. Nie ausfallend oder aggressiv – selbst bei den unangenehmsten Fragen. Anders Diego. Während Löw sich für Verspätungen entschuldigt, lacht Maradona nur darüber und lässt warten. Liefert sich gerne Wortgefechte mit den argentinischen Journalisten, wirkt dabei oft gereizt, leicht aufbrausend und rechthaberisch.

IHRE SPRÜCHE

Von Löw kommt auch in diesem Punkt nichts. Niemand könnte ihm mit einer Frage zu Maradona oder den Handgreiflichkeiten nach dem Viertelfinale der WM 2006 einen bösen Kommentar entlocken. Löw schwärmte geradezu von seinem Gegenüber: „Maradona hat die ganze Fußballwelt mit seiner Spielweise, seinem unglaublichen Können und seiner Kreativität verzaubert. 1986 war er auf dem Höhepunkt und hat die WM fast im Alleingang (und einem Handspiel) entschieden. Diego hat eine Phase geprägt, wie es nie ein anderer Spieler getan hat." Umgekehrt? Maradona über Löw? Fehlanzeige. Locker meinte er: „Wenn wir gleich viel Ballbesitz haben, sind wir im Vorteil, weil wir den Ball besser kontrollieren können." Über den deutschen WM-Helden Thomas Müller lästert er: „Wenn wir einen Marathon laufen müssten, würde Deutschland dank Müller gewinnen. Aber im Fußball geht es nicht nur ums Laufen. Mit dem Ball am Fuß sind wir besser."

IHRE VERGEHEN

Maradonas bizarre Exzesse im Schnelldurchgang: Magenverkleinerung, Drogenexzesse, Dopingsünder während der WM 1994. Einmal schoss er mit einer Schrotflinte auf Journalisten. Dem italienischen Staat schuldet er 37 Millionen Euro. Größter Ausraster von Gutmensch Jogi? Flog bei der EM 2008 nach einem Disput mit Österreichs Coach Hickersberger auf die Tribüne.

IHRE VORBILDER

Löw hat einen regionalen Bezug. Das Trainervorbild des Ex-Profis vom SC Freiburg war Rolf Fringer, ein Schweizer. Löw: „Bei ihm war viel Strategie und Taktik im Spiel." Anders Maradona. Für ihn kann es nur das größtmögliche Vorbild im aktuellen Fußball geben: Jose Mourinho, der gerade mit Inter Mailand das Triple gewann, nun zu Real Madrid aufsteigt. „Er ist der Champion der Champions. Mir gefällt, wie er mich behandelt. Wir haben stundenlang miteinander über Fußball geredet. Mourinho ist ein Typ, mit dem du dich ins Kämmerchen zurückziehen kannst, um ihn um Rat zu bitten. Ich habe seine Nummer, manchmal rufe ich ihn an."

Vielleicht muss er sich am Samstag bei ihm ausweinen.

Patrick Strasser

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