Jogi Löw und Diego Maradona: Brav trifft bizarr

Das ungleiche Duell: Unterschiedlicher als Joachim Löw und Diego Maradona, die sich heute beim Länderspiel in München erstmals begegnen, können Nationaltrainer kaum sein
MÜNCHEN Immerhin zwölf Tore schoss Joachim Löw in jener Saison. Damals, 1986, im WM-Jahr – allerdings in der Zweiten Liga, und die Trainer von Löw beim SC Freiburg hießen Anton Rudinsky sowie Josef Becker. Um zwei Punkte verhinderte man den Abstieg.
Diego Maradona war im Sommer ’86 ganz oben: Weltmeister als Kapitän der argentinischen Nationalelf.
Die beiden Fünfziger (Maradona wird im Oktober 50) sind sich nie begegnet. „Als Trainer kann ich ihn nicht so einschätzen, als Spieler war Maradona ein Genie“, meinte Bundestrainer Joachim Löw über seinen Kollegen am Dienstag, „er hat immer offensiv und kreativ gedacht.“
Am Mittwoch kommt es zum ersten Duell Löw gegen Maradona – beim WM-Test in der Allianz Arena zwischen der deutschen Nationalelf und den Argentiniern (20.45 Uhr, ZDF). Wie viel Diego steckt in Jogi? Die AZ vergleicht die beiden Typen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten.
IHR MÜNCHEN-BEZUG
Löw hat bisher eher gemischte Erfahrungen mit der Allianz Arena gemacht. Bei der WM gab es zwei Siege (4:2 gegen Costa Rica, 2:0 gegen Schweden). Als Bundestrainer verlor Löw in Fröttmaning im Herbst 2007 mit 0:3 gegen Tschechien. Maradona kam zweimal als Spieler ins Olympiastadion. Im April 1989 schaffte er durch ein 2:2 den Einzug ins Uefa-Cup-Finale gegen Bayern, beim Abschiedsspiel von Lothar Matthäus (Mai 2005) zauberte er – mit offenen Schnürsenkeln.
DER UMGANG MIT FANS
Löw gibt sich stets charmant, höflich und freundlich, schlägt nur selten einen Autogrammwunsch aus. Da ist Maradona eher die Diva. Autogramme gibt’s nur bei guter Laune, am Montag beschimpfte er einen 1860-Fan.
IHRE VERGEHEN
Maradonas bizarre Exzesse in Stichworten: Magenverkleinerung, Drogenexzesse, Dopingsünder während der WM 1994, einmal schoss er mit einer Schrotflinte auf Journalisten. Dem italienischen Staat schuldet er noch rund 37 Millionen Euro. Die größten Ausraster von Gutmensch Jogi? Flog bei der EM 2008 nach einem Disput mit Österreichs Coach Hickersberger auf die Tribüne und raucht ab und an mal in den Stadionkatakomben heimlich eine Zigarette. Eher brav.
IHRE EXTRAS
Maradona verlangt im Mannschaftshotel der Argentinier nur Gewöhnliches: Wasser, Säfte, Müsli-Riegel. Er isst Pasta, Salat, Gemüse, Obst und Nüsse. Eine extra Mini-Bar hat sein Zimmer nicht, harte Alkoholika gibt es im Mandarin Oriental nur an der Bar – in der Diego sich nicht blicken ließ. Löw fügt sich dem, was der Mannschaft von DFB-Koch Holger Stromberg vorgesetzt wird. Auf seinen Espresso und seine Marlboro Lights verzichtet er nicht – wie auf sein Schal-Sortiment.
IHRE VORLIEBEN
Löw sucht das Abenteuer. 2003 bestieg er mit einem Freund den Kilimandscharo (5895 Meter) – in sechs Tagen. Maradona sucht inzwischen eher die Ruhe. Während Löw kinderlos ist, hat Maradona zwei Töchter und (mindestens) einen unehelichen Sohn.
BEDEUTUNG DES SPIELS
Sportlich für Löw wohl höher. „Es ist extrem wichtig, dass wir so einen starken Gegner haben vor der WM“, meinte er. Maradona erweckt den Eindruck, als sei es ihm einerlei, gegen wen er sein Team testet. Der Druck dürfte für Maradona, in der Heimat als Messias angesehen, höher sein als für Löw, der seinen Abschied nach dem Turnier womöglich schon eingeplant hat.
Vize-Europameister war Löw schon. In Südafrika könnte nun sein Karriere-Höhepunkt folgen. Maradona hat den wohl schon hinter sich.
P. Strasser, F. Cataldo