Ilkay Gündogan: Der Pep-Faktor für Joachim Löw
Herzogenaurach - Er kommt als Verlierer und möchte d e r Gewinner dieser EM werden: Ilkay Gündogan. Mit seiner zweiten Silbermedaille aus einem Champions-League-Finale reiste der 30-Jährige vergangene Woche nach Seefeld. "Es ist, ehrlich gesagt, nicht leicht", sagte Gündogan am Donnerstagnachmittag im EM-Basiscamp der deutschen Nationalmannschaft und betonte: "Man arbeitet ein Jahr darauf hin. Ich persönlich habe acht Jahre darauf hingearbeitet." Mit Manchester City verlor er 0:1 gegen den FC Chelsea.
2013 unterlag er als Elfmeter-Torschütze mit Borussia Dortmund 1:2 gegen den FC Bayern. Ob solch eine Chance nochmal kommt? "Das Schöne am Fußball", so Gündogan, sei jedoch: "Es geht gleich weiter." Neue Spiele, neues Glück. Ein EM-Titel wäre doch auch ganz fein. Noch dazu als Stammspieler - wie es derzeit aussieht. "Es bleibt nichts weiter übrig, als mich auf eine andere Aufgabe zu fokussieren und zu versuchen, die nächsten Spiele nicht zu verlieren", sagte der gebürtige Gelsenkirchener.
Ilkay Gündugan erstmals in tragender Rolle
Seine Hoffnung: Die Nationalmannschaft könne von der "breiten Brust" der drei Chelsea-Sieger profitieren. "Gerade Kai mit seinem Finaltreffer kann das nach dem nicht so leichten ersten Jahr in England extrem viel Schub geben, den wir als Mannschaft auch nutzen können", meinte Gündogan über Havertz, den Siegtorschützen von Porto.
Auf Gündogan könnte eine besondere Rolle bei dieser EM zukommen - anders als bei seinen vorherigen Turnier-Teilnahmen. 2012 war er ohne Einsatz geblieben, 2018 ist lediglich eine Einwechslung im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden (2:1) zu verzeichnen - für Sebastian Rudy, tatsächlich.
Den WM-Triumph 2014 ging dem Mittelfeldspieler wegen einer langwierigen Rückenverletzung durch die Lappen, die EM 2016 verpasste er wegen einer Knieverletzung. Nun soll mit der Unterstützung von Bundestrainer Joachim Löw, der ein großer Fan von Gündogan ist, seine große Stunde schlagen.

Löw setzt wohl auf Gündogan und Kroos im Zentrum
Der Musterschüler von Pep Guardiola könnte der X-Faktor in diesem Turnier aus deutscher Sicht werden. Da das beim FC Bayern bewährte Zentrum-Duo Kimmich/Goretzka gesprengt ist, weil Goretzka durch die Folgen eines Muskelfaserrisses um den Anschluss kämpft und Kimmich auf die rechte Außenbahn abkommandiert wurde, stellt Löw Gündogan neben Toni Kroos (31) ins Zentrum.
Eine genügend robuste Absicherung mit ausreichend Zweikampfhärte und Tempo? Als Sechser, Achter oder gar Zehner - welche Rolle sei ihm am liebsten? "Ehrlich, ich weiß es nicht", sagte Gündogan und erklärte: "Ich habe in den letzten zwei Jahren alle Positionen im Mittelfeld gespielt."
Ein Alleskönner eben. Flexibilität à la Pep. Jogi freut's. Für Guardiola steht fest: "Er ist einer der intelligentesten Spieler, die ich je gesehen oder trainiert habe."

Gündogan spendet Meisterprämie an Bezirksligist
Als (Vor-)Denker und Lenker des Mittelfelds, als Passmaschine und Raumdeuter. In Manchester bewohnen sie Apartments im selben Vip-Hochhaus. Pep schwärmt: "Wir lieben Ilkay unglaublich, weil er ein unglaublicher Mensch ist. Er denkt nicht nur an sich, sondern daran, was das Beste für das Team ist."
Zuletzt spendierte Gündogan dem Gelsenkirchener Bezirksligisten Hessler 06, bei dem er zehn Jahre in der Jugend spielte, seine komplette City-Meisterprämie. Eine sechsstellige Summe. Damit konnte der Verein den Bau des dringend benötigten Kunstrasenplatzes in Angriff nehmen.
"Fußball hat mir viele Türen geöffnet. Daher ist es traurig, dass das Interesse am Fußball im Kindesalter weniger wird", erzählte Gündogan in Herzogenaurach, "mein Projekt läuft schon länger. Ich bin glücklich, dass ich meinen ehemaligen Verein unterstützen kann. Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, dass mehr Kinder Spaß am Fußball entwickeln."
Da denkt einer über die eigene Eckfahne hinaus...