Ibrahimovic: Der Rowdy aus Rosengard
Berlin - Sie hätte natürlich etwas viel Netteres über ihren berühmtesten Ehemaligen sagen können. Agneta Cederman entschied sich für die Wahrheit. „Er war ein Krawallbruder”, sagte die Rektorin der Gesamtschule in Malmö-Rosengard über einen gewissen Zlatan Ibrahimovic: "Er war der Prototyp eines Jungen, mit dem es böse endet.”
Nun, ganz so böse ist es mit dem Kind bosniakischer Einwanderer dann doch nicht ausgegangen. Der Krawallbruder von damals ist heute Kapitän der schwedischen Nationalmannschaft, verdient bei Paris St.–Germain seit Sommer geschätzte 14,5 Millionen Euro und ist, wenn man ihm glauben mag, trotz ein paar unschöner Geschichten mit sich selbst im Reinen.
"Ich möchte nicht von Perfektion sprechen, weil das bedeuten würde, dass ich mich nicht mehr weiterentwickeln kann, aber ich empfinde Vollständigkeit”, sagte der 31-Jährige vor dem WM-Qualifikationsspiel in Berlin (20.45 Uhr, live in der ARD) der "FAZ”.
In der vergangenen Saison hat er für den AC Milan mehr Pflichtspieltore als der legendäre Marco van Basten geschossen. Mit Amsterdam, Juventus, Inter, Barcelona und Milan gelang ihm das Kunststück, achtmal in Folge Meister zu werden (’04-’11). Für seine Vereine hat er 198 Liga-Tore geschossen, wurde gefeiert oder gehasst, je nach dem, ob er gerade wieder genial getroffen oder die eigenen Fans bloßgestellt hatte.
Dass er aus Malmö-Rosengard auch eine gehörige Portion Straße mitbekommen hat, sorgt manchmal aber doch für blankes Entsetzen. Im März warf er einer kritischen Journalisten in Mailand seinen Haargummi an den Kopf, fragte: "Was guckst Du so blöd?” Später empfahl er ihr, "nach Hause in die Küche zum Kochen” zu gehen.
Während seiner Zeit beim FC Barcelona wurde er von einer anderen Reporterin einmal gefragt, ob er schwul sei. Ibrahimovics Antwort: "Besuch mich mal, aber bring auch deine Schwester mit.”
Ohnehin kam der Größenwahn des Schweden, der in seinen Vereinen auch acht Platzverweise angehäuft hat, 2010 in Barcelona bei einem Machtkampf mit Ex-Coach Pep Guardiola am besten zum Tragen: "Diesen Philosophen braucht hier keiner, der Zwerg und ich genügen vollkommen", soll Ibrahimovic damals gesagt haben. Mit Zwerg war Lionel Messi gemeint.
Einblick in die Psyche des 1,92-m-Hünen gibt dessen Biographie "Ich bin Zlatan” – ein Bestseller in Schweden. "Ich habe soviel Scheiße gebaut, dass ich kaum wage, mich an alles zu erinnern", schreibt der Stürmer darin – und erinnert sich dennoch an Fahrraddiebstähle, oder eine Spritztour in Italien, bei der er einer Polizeikontrolle in seinem Ferrari Enzo entkam – mit 325 km/h auf dem Tacho.
Sein Bad-Boy-Image unterstreicht der Schwede gern mit Tattoos – 15 hat er bereits, seinen Körper schmücken unter anderem zwei Pokerkarten, eine Feder, ein Koi-Karpfen, fünf Buddhas und ein roter Drache.
169 Millionen Ablöse sind für ihn in all den Jahren geflossen. Mit Recht, wie er findet: "Qualität hat eben seinen Preis.” Gegen das DFB-Team soll diese Qualität nun für den ersten Schweden-Sieg seit 1978 sorgen. "Wir müssen ein fast perfektes Spiel abliefern”, sagt Ibrahimovic. Aber was heißt schon perfekt?