HSV-Verteidiger Westermann: "Die Idioten können mich mal"
Seit Heiko Westermann in Hamburg spielt, wurde er immer wieder zur Zielscheibe der Kritik. Nach seiner starken Vorstellung beim 0:0 gegen Borussia Dortmund holte der HSV-Verteidiger zum verbalen Rundumschlag aus.
Hamburg - Erst legte Heiko Westermann die Dortmunder Tormaschine Pierre-Emerick Aubameyang an die Kette, dann rechnete der Verteidiger des abstiegsbedrohten Hamburger SV mit seinen Kritikern ab. "Die Idioten, die meinen, den Fußball erfunden zu haben, können mich mal", schimpfte Westermann nach dem torlosen Remis gegen Borussia Dortmund und sorgte mit seiner emotionalen Wutrede für den krachenden Schlussakkord eines ansonsten wenig spektakulären Hamburger Fußball-Nachmittags.
Einmal so richtig in Fahrt, legte der Ex-Schalker nach. "Ich war die letzten fünf Jahre hier und habe meinen Arsch hingehalten. Wenn jemand etwas anderes denkt, dann soll er zu mir kommen. Ich lasse mir nicht meinen Namen kaputtmachen", sagte Westermann, nachdem er gegen den BVB mit 71 Prozent gewonnener Zweikämpfe bester Hamburger war.
HSV-Trainer Joe Zinnbauer zeigte Verständnis für den ungezügelten Wutausbruch seines Profis. "Ich finde, nach gefühlten fünf Jahren ist es mal an der Zeit gewesen, dass er explodiert", sagte der 44-Jährige am Sonntag: "Heiko hat hier jahrelang den Kopf herhalten müssen. Er hat sich ausgekotzt, das gehört dazu."
Nach der teils heftigen Kritik der vergangenen Wochen hatte Westermann aber vor allem sportlich die passende Antwort gegeben. Der Defensiv-Allrounder räumte gegen Aubameyang und Co. ab, was es abzuräumen gab und hatte damit maßgeblichen Anteil am überraschenden Punktgewinn des Bundesliga-Dinos. Zunächst verteidigte der 31-Jährige auf der linken Außenbahn, nach der Verletzung von Kapitän Johan Djourou (muskuläre Probleme/18.) wechselte er nach innen und bot auch dort eine starke Leistung.
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"Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht", lobte Zinnbauer, der ihn zuletzt auf der Bank schmoren gelassen hatte. Der Ritterschlag kam dann aber vom Gegner, genauer gesagt von Dortmunds Coach Jürgen Klopp. "Wenn er heute nicht spielt, stehen wir zweimal allein vor dem Tor. Er ist der einzige Innenverteidiger vom HSV, der die Schnelligkeit für Aubameyang hat. Er läuft ihn zweimal ab", sagte Klopp anerkennend.
Westermann, der im Jahr 2010 für eine Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro aus Schalke kam und bislang 149 Liga-Spiele für den HSV bestritt, dürfte die Komplimente mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen. Sein Vertrag in der Hansestadt läuft im Sommer aus - bessere Argumente für eine Verlängerung als seine Leistung gegen die Borussia gibt es kaum. "Heiko ist ein Vollprofi. Er lebt und tut alles für den Verein", sagte Zinnbauer, ließ sich in Sachen möglicher Vertragsverlängerung aber nicht in die Karten gucken: "Wir werden bis zur Länderspielpause warten. Dann setzen wir uns hin und werden die Zukunft des HSV besprechen."
Neben Westermann laufen nach der Saison die Verträge von sechs weiteren Hamburger Profis aus. An Westermann scheiden sich an der Elbe seit jeher die Geister. Wegen des ständigen Hin und Hers zwischen Klasseleistungen wie gegen Dortmund und immer wieder auch abenteuerlichen Aussetzern ist der Ex-Nationalspieler bei vielen Fans längst zum Sinnbild der Hamburger Dauerkrise geworden. Über kaum einen Bundesliga-Profi wurde in der jüngeren Vergangenheit so viel Häme ausgeschüttet wie über ihn.
Doch es gibt auch die andere Seite. Westermanns Fürsprecher nennen den stets tapfer kämpfenden Musterprofi in Anlehnung an Superstar Cristiano Ronaldo ("CR7") liebevoll HW4, schätzen die bescheidene Art des gebürtigen Franken. Bei ihnen erlangte der Verteidiger mit der Rückennummer 4 endgültig Kultstatus, als er im vergangenen Herbst einen eigenen Rap-Song aufnahm, in dem er sich selbst auf die Schippe nahm. Seit Samstag ist die Westermann-Story beim HSV um ein weiteres skurriles Kapitel reicher.