Hrubeschs Erfolgsgeheimnis bei den DFB-Frauen: Das Wir gewinnt
Frankfurt am Main/München - Manchmal kann das Spiel ganz einfach sein. "Sie vertrauen mir, und ich vertraue ihnen", sagte Horst Hrubesch über die Zusammenarbeit mit den "Mädels".
So einfach wie die Kommunikation sind auch die Anweisungen, die er ihnen gibt. Am besten hat das im Dezember Bayern-Spielerin Giulia Gwinn beschrieben: "Es wird sich wieder auf die Basics besonnen. Es kommt nicht viel Input, sondern wir bleiben einfach bei uns."
Mit diesem Credo haben es die DFB-Frauen nun zu Olympia geschafft: Auf den letzten Drücker besiegten sie die Niederlande und lösten das letzte noch verbliebene Ticket.
Hrubesch sorgt für Einfachheit
Hrubesch hat als Interimstrainer für die erkrankte und inzwischen zurückgetretene Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg für diese Einfachheit gesorgt. Er redet mit den Spielerinnen, aber er überfrachtet sie nicht, sondern weiß, was sie können. "Wir gehen auf den Platz, um die Spiele für uns zu bestreiten", sagte er vor dem Nations-League-Spiel gegen Frankreich.
Hrubesch spricht nicht vom "Ich", sondern vom "Wir". Das hat er immer so getan. Das war auch ein entscheidender Grund, weshalb der DFB ihn ein zweites Mal gefragt hat, ob er die Frauen-Nationalmannschaft vorübergehend trainieren möchte.
Nach Ende seines ersten Engagements bei den DFB-Frauen 2018, als er mit einer makellosen Bilanz von sechs Siegen in sechs Spielen an Voss-Tecklenburg übergab, sagte er: "Ich habe immer als Team gearbeitet. Da sind viele Beteiligte, der ganze Staff. Das ganze Drumherum funktioniert. Wenn das am Ende des Tages mit der Mannschaft eine Einheit ist, dann ist das perfekt. Damit kann man Erfolge erklären."
Charakter war bei Hrubesch immer wichtiger als Talent
Das "Wir" war auch schon früher, als er spielte, der Grund für Hrubeschs Erfolg. "Ich habe auf ihn gesetzt – nicht, weil er ein guter Fußballspieler war, das war er wirklich nicht", sagte Günter Netzer im NDR über den früheren Mittelstürmer, den er 1978 von Rot-Weiss Essen zum HSV holte.
"Ich habe aufgrund seiner Charaktereigenschaften auf ihn gesetzt." Hrubesch sei "einer, der sofort anpackt, der sich sofort verantwortlich macht, der sich sofort kümmert. Das war seine große Stärke." Das zeichnet den Westfalen bis heute aus, der mit 24 noch als Dachdecker gearbeitet hat und so gerne Angeln geht, dass er mal ein Buch übers Dorschangeln schrieb.
Lorant entdeckte Hrubesch
Seine Karriere startete bei Rot-Weiss Essen. Ausgerechnet Werner Lorant soll ihn damals dorthin geholt haben, das hatte der ehemalige Löwen-Trainer 2012 dem "Merkur" erzählt. "Den Hrubesch hab ich ja selber entdeckt. Zu der Zeit ging das noch", sagte Lorant. "Ich war damals Profi bei Rot-Weiss Essen und gleichzeitig Amateurtrainer beim SC Westtünnen."
In Essen wurde Hrubesch zum Kopfballungeheuer, sein Spitzname auch beim Hamburger SV, wo er 1979 Meister wurde.

Noch einmal zu Olympia
Bescheidenheit zeichnet ihn aus. Charakter und Kampfgeist waren für ihn stets wichtiger als taktische Finessen. Das bescherte ihm mit dem HSV den Europapokal der Landesmeister 1983, als Trainer den EM-Titel 2009 und Olympia-Silber 2016, jeweils mit der U21-Nationalmannschaft.
Vor den anstehenden Länderspielen sagte er: "In erster Linie geht es mir um die Mädels. Ich bin ja aber auch Egoist. Ich würde Olympia gern noch mal machen." Traum erfüllt.
Die Kommunikation scheint zuletzt ein Kernproblem der DFB-Frauen unter Voss-Tecklenburg gewesen zu sein. Das wird in der Doku "Born for this" an einigen Stellen klar. Mit den Ersatzspielerinnen soll sie kaum gesprochen haben. In den Wohnungen der Spielerinnen bei der WM hingen subtile Hinweisschilder mit Alltagstipps. Über die Art ihres Amtsendes wunderten sich mehrere Spielerinnen.
Hrubesch hält nichts von Schnickschnack, Firlefanz und Hintenrum. "Horst legt Wert auf die Basics und gibt uns da in jeder Trainingseinheit Tipps", bestätigte Flügelstürmerin Klara Bühl am Dienstag. Sie hole sich gern Rat bei ihm. Mit der Reise zu Olympia hat die Mannschaft nun "Danke" gesagt.