Hoffenheim: Rangnick droht mit Abschied!

Beim Herbstmeister herrscht tiefe Depression. Bei den abgestürzten Überfliegern der Vorrunde liegen die Nerven blank, Ralf Rangnick fordert (noch) mehr Geld und kokettiert mit seinem Rückzug, Mäzen Dietmar Hopp wirft dem Trainer Erpressung vor.
von  Abendzeitung
Entnervt von der miserablen Rückrunde: Hoffenheim-Trainer Ralf Rangnick
Entnervt von der miserablen Rückrunde: Hoffenheim-Trainer Ralf Rangnick © firo/Augenklick

HOFFENHEIM - Beim Herbstmeister herrscht tiefe Depression. Bei den abgestürzten Überfliegern der Vorrunde liegen die Nerven blank, Ralf Rangnick fordert (noch) mehr Geld und kokettiert mit seinem Rückzug, Mäzen Dietmar Hopp wirft dem Trainer Erpressung vor.

Die Ruhe an der Sinsheimer Straße in Hoffenheim täuschte an diesem Sonntagmorgen. Die Spieler des Aufsteigers hatten nach der 0:4-Niederlage in Wolfsburg zwei Tage frei. Für viele andere im badischen Klub gab es dagegen heikle Fragen zu klären. Zum Beispiel die nach der Zukunft von Trainer Ralf Rangnick (50, Vertrag bis 2011).

Der Coach hatte Klub-Mäzen Dietmar Hopp via „BamS“ unter Druck gesetzt, indem er sagte, er gebe sich „nicht mit Mittelmaß zufrieden“. Er sei „nicht bereit, weitere Rückschritte in Kauf zu nehmen. Meine Vorgabe war, dass ich Hoffenheim in die Bundesliga führe. Mir wurde gesagt: Dann geht es richtig los.“ Rangnick soll mit dem gebotenen Investitionsrahmen von zehn Millionen Euro für die kommende Saison unzufrieden sein: „Ob ich das Gefühl habe, die Mannschaft weiterentwickeln zu können, wird sich in den nächsten sechs bis sieben Wochen zeigen.“

Sein Auftritt in Wolfsburg wurde als eindeutige Rücktrittsdrohung eingestuft, die sich Hopp so kaum gefallen lassen dürfte. „Das“, sagte Rangnick auf Anfrage, „war nicht so gemeint. Es geht um die Möglichkeit, Hoffenheim weiter zu entwickeln. Diese Saison hat uns gezeigt, es geht darum, 1899 dauerhaft in der Liga zu halten.“

Dazu müsse die Mannschaft auf sechs bis sieben Positionen verstärkt werden: „Die rasante Entwicklung zeigt, wir müssen mit der Weiterentwicklung schneller als geplant fortfahren. Es war von Anfang an besprochen, dass wir das tun wollen. Deshalb gibt es keinen Streit“, sagte Rangnick, der Hoffenheim in zwei Jahren aus der Regionalliga bis in die Bundesliga geführt hat. Indikator für die Konkurrenzfähigkeit sei auch, ob das Aachener Toptalent Lewis Holtby komme, sagte Rangnick am Samstagabend. Nur wenige Minuten später berichtete Manager Jan Schindelmeiser, dass der Wechsel bereits am Freitag wegen unerfüllbarer Gehaltsvorstellungen des 18-Jährigen gescheitert sei.

Mäzen Hopp reagierte auf die Äußerungen seines Cheftrainers gereizt und gekränkt. „Ich lasse mich nicht erpressen“, konterte er. Andere berichten von einer „tiefen Enttäuschung“ und Fragen, die sich Hopp stelle: Geht es in Hoffenheim nur um die Wünsche des Trainers? Und: Ist das in Schieflage geratene Vertrauensverhältnis noch einmal zu kitten? Er lasse sich nicht vom „Ehrgeiz anderer Leute zu halsbrecherischen Aktionen verleiten“, sagte Hopp der „Rhein-Neckar-Zeitung“.

Rangnick muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nach zwölf sieglosen Spielen in Serie ein verbales Frust-Foul begangen zu haben und dem Mann, der das Projekt Hoffenheim finanziert und bisher an die 200 Millionen investiert hat, rüde an den Karren zu fahren. Nun tauchen rund um die Rhein-Neckar-Arena sogar Spekulationen auf, Hopp (69) könnte versuchen, seinen Freund Jürgen Klinsmann nach Hoffenheim zu locken. Dafür aber müsste der Milliardär auch ganz tief in die Tasche greifen, deshalb geht man kaum von einem derartigen Schachzug Hopps aus. „Wir betrachten das unaufgeregt“, sagte Manager Schindelmeiser. Auch beim Trainer gäbe es „Momente der Enttäuschung“. Klar sei: „Wir müssen uns der Aufgabe stellen, uns im vorgegebenen Rahmen zu bewegen.“ Zehn Millionen Euro seien zudem viel Geld. Europa bleibe ein Fixstern, den man erreichen wolle, aber „derzeit reden wir nicht davon“. Seit Wochen aber ist Hopp unzufrieden mit der Entwicklung. Ohnmächtig musste er den beispiellosen Absturz des Herbstmeisters miterleben, dessen Team mehr und mehr zerfiel und mit extremem Verletzungspech zu kämpfen hatte. Hopp ärgerte sich über Disziplinlosigkeiten, die den Liganeuling seit Januar begleiten. In der Sache sieht Hopp vor allem Rangnick in der Pflicht. „Wir werden diese Dinge intern besprechen“, meinte Manager Schindelmeiser besänftigend. Ob sich alle daran halten?

Oliver Trust

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