Hitzfeld: Uli Hoeneß, bitte melden!

Ottmar Hitzfeld führt die Schweiz zur WM 2010.In der Stunde des Triumphs denkt er an seinen Abschied beim FC Bayern und an dessen Manager.Dabei ist viel Genugtuung spürbar.
von  Abendzeitung
Ottmar Hitzfeld bejubelt die WM-Qualifikation mit der Schweiz.
Ottmar Hitzfeld bejubelt die WM-Qualifikation mit der Schweiz. © dpa

Ottmar Hitzfeld führt die Schweiz zur WM 2010.In der Stunde des Triumphs denkt er an seinen Abschied beim FC Bayern und an dessen Manager.Dabei ist viel Genugtuung spürbar.

BASEL Was der Fußballlehrer Ottmar Hitzfeld zu verlieren hatte, sah man ihm an. Im Basler St. Jakob-Park stand ein Mann mit schmalen Lippen am Spielfeldrand, der in seiner Karriere Titel gesammelt hatte wie andere Briefmarken. Seine Hände trugen Ringkämpfe miteinander aus, verzweifelt rief er Kommandos aufs Feld.

Später hieb Hitzfeld (60) auf den Tisch vor ihm. Das bedeutete: Ich habe es doch geschafft. Mit dem 0:0 gegen Israel gewann der Schweizer Nationaltrainer den nötigen Punkt zur direkten Qualifikation für die WM 2010. Südafrika ist nach den EM-Turnieren 2004 und 2008 und der WM 2006 das vierte große Turnier in Serie, an dem die Schweiz teilnimmt. Dafür hatte man „den Messias“ („Blick“) direkt von der Trainerbank des FC Bayern weg geholt. Den „Winner-Typen“ (Hitzfeld über Hitzfeld), der nun bis zur letzten Sekunde zittern musste und dann lange brauchte, bis er sich ausgelassen Freude konnte.

Mit der Schweiz die WM erreicht zu haben, war für Hitzfeld ein Stück mehr als ein schnöder weiterer Erfolg. Er hat damit die am Ende harte Zeit beim FC Bayern aus den Kleidern geschüttelt. Er war es, der in der Winterpause 2007/2008 „kündigte“, als er sich seiner Autorität beraubt fühlte. Am Ende weinte er mit den Abschiedsblumen in der Hand auf dem Rasen der Allianz Arena bittere Tränen.

Nach dem Schlusspfiff in Basel konnte Hitzfeld seine tiefen, auch von Genugtuung getränkten Gefühle nicht mehr verbergen. „Damals“, sagte er und grinste, „hat Uli Hoeneß zu mir gesagt: Was willst du denn mit der Schweiz gewinnen?“ In Basel lieferte Hitzfeld die Antwort und zeigte, dass er kaum gewillt ist, sich als Fußballrentner betrachten zu lassen, der vor allem ein beschauliches Ende seiner Karriere anstrebt.

„Auch für mich war der Druck sehr hoch, und auch ich hatte viel zu verlieren“, sagte er. „Man kann sehr tief fallen.“

Der pragmatische Fußball-Mathematiker Hitzfeld stürzte nicht ab. Er lachte mehr und mehr, je länger der Abend dauerte. „Der Uli Hoeneß wird sich schon noch melden“, sagte er und lachte wieder. Befreit diesmal. Befreit vom Druck, befreit vom Makel, nach den großen Bayern nur bei der kleinen Schweiz angeheuert zu haben. Vom Branchenprimus zum Fußballzwerg. Hitzfeld hat daraus seine Erfolgsstory gemacht und es auch allen in München wenigstens ein bisschen gezeigt: „Wenn mein Vater gewusst hätte, dass mir so ein Erfolg als Coach der Schweiz – nicht mit Bayern oder Borussia Dortmund – gelingt, hätte er sich riesig Freude. Denn das ist unsere Heimat“, sagte Hitzfeld.

Zwar hatte die Schweiz unter seiner Anleitung selten begeisternden Fußball gespielt; nach dem Israel-Spiel war Hitzfeld schon mit der Beschreibung „solide“ sehr zufrieden. Aber angeleitet durch ihn startete die Mannschaft nach der peinlichen Niederlage gegen Luxemburg vor einem Jahr zur Aufholjagd und schlug gleich zweimal Griechenland und den Ex-Bayern Otto Rehhagel, der nach dem 2:1 über Lettland in die Relegation muss. Sachlich, nüchtern ging Hitzfeld zu Werke und trug die Aura des Sieger-Gens wie ein Schutzschild vor sich her. In Südafrika, verkündete der Trainer, wolle man zum „Favoritenschreck“ werden. „Ich bin sehr motiviert“, sagte Hitzfeld – und feierte mit einem Glas Rotwein.

Oliver Trust

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