Hitzfeld tobt:Schweiz sieht Rot und verliert

Port Elizabeth (dpa) - «Gentleman» Ottmar Hitzfeld tobte und schrie an der Seitenlinie, und auch eine Stunde nach der bitteren 0:1-Niederlage gegen Chile hatte sich der Schweizer Nationalcoach immer noch nicht beruhigt.
von  Abendzeitung
Schiedsrichter Khalil al Ghamdi (r) zeigt Valon Behrami (l) die Rote Karte.
Schiedsrichter Khalil al Ghamdi (r) zeigt Valon Behrami (l) die Rote Karte. © dpa

Port Elizabeth (dpa) - «Gentleman» Ottmar Hitzfeld tobte und schrie an der Seitenlinie, und auch eine Stunde nach der bitteren 0:1-Niederlage gegen Chile hatte sich der Schweizer Nationalcoach immer noch nicht beruhigt.

Ein umstrittener Feldverweis und ein bitteres Abseitstor waren selbst für den stets besonnenen Fußball-Diplomaten zu viel. «Ich habe mich sehr aufgeregt», sagte Hitzfeld über die Schlüsselszene des Spiels, als Valon Behrami in der 31. Minute Rot sah. «Ich stand ja nur drei, vier Meter entfernt. Das ist nie eine Rote Karte, das ist nicht mal eine Gelbe Karte», schimpfte der 61-Jährige.

Zu allem Überfluss ging dem Siegtor der Chilenen durch den eingewechselten Mark Gonzalez (75.) eine Abseitsstellung voraus. Hitzfeld holte daher nach dem Abpfiff zu einem Rundumschlag gegen die Unparteiischen aus. «Bei einer Weltmeisterschaft sollen die besten Schiedsrichter pfeifen, die auch in den großen Ligen aktiv sind, und nicht Referees, die irgendwo am Strand pfeifen», wetterte der frühere Bundesliga-Trainer von Borussia Dortmund und Bayern München.

Über das Karten-Festival von Referee Khalil Al Ghamdi (Saudi- Arabien), der neben Rot für Behrami auch noch neunmal Gelb zückte, verlor Hitzfeld danach keinen weiteren Kommentar. Dafür schimpfte er auf den Leverkusener Arturo Vidal, der beim Zweikampf mit Behrami theatralisch zu Boden gegangen war. «Das ist eine unfaire Geste von Vidal, dass er sich am Boden wälzt», kritisierte Hitzfeld.

Immerhin erwies sich der Coach der Eidgenossen als fairer Sportsmann, indem er die hauchdünne Abseitsposition vor dem entscheidenden Tor nicht dem Schiedsrichter-Gespann anlastete: «Ob das Abseits war oder nicht, muss das Fernsehbild entscheiden.»

Dass die Schweiz seit der WM 1994 in 559 regulären Spielminuten ohne Gegentor geblieben war und damit die bisherige Bestmarke Italiens (550) knackte, war kein Trost. Zumal Eren Derdiyok in der Schlussminute frei stehend den möglichen Ausgleich für die eine Stunde in Unterzahl agierenden Alpen-Kicker vergab. «Wir haben noch mal eine hundertprozentige Chance bekommen», klagte Hitzfeld.

Nach der unglücklichen Niederlage müssen die Eidgenossen (3 Punkte) um den Einzug in das Achtelfinale bei der Fußball-WM zittern. Gegen Honduras muss nun ein möglichst hoher Sieg her. Dagegen hat Chile (6) die Runde der letzten 16 nach dem zweiten Sieg ins Visier genommen. «Wahrscheinlich wird am Ende das Torverhältnis den Ausschlag geben», prophezeite Hitzfeld.

Unterstützung bekam er bei seiner Analyse auch von einem früheren Referee. «Der Feldverweis war völlig übertrieben. Natürlich hat Behrami mit den Armen gearbeitet, aber das war kein Schlag und keine Tätlichkeit», kritisierte im ZDF der ehemalige Weltklasse- Schiedsrichter Urs Meier. Allerdings könnte der Schweizer nicht ganz unvoreingenommen geurteilt haben.

Im Gegensatz zur Hitzfeld-Truppe jubelten die drückend überlegenen Chilenen. Allen voran Siegtorschütze Gonzalez: «Das ist fantastisch, was hier passiert ist. Was gibt es Schöneres, als zu gewinnen und das entscheidende Tor zu schießen. Jetzt können wir vom Achtelfinale träumen.»

Trotz Überzahl hatten sich die Chilenen gegen die Eidgenossen, die in der ersten Hälfte keine Chance verbuchten, lange schwergetan. Keeper Diego Benaglio musste vor der Pause nur bei einem Versuch von Alexis Sanchez energisch zufassen, danach stand er aber immer häufiger im Blickpunkt und wurde zum besten Mann auf dem Platz. Vor dem 0:1 kam der Tormann vom VfL Wolfsburg jedoch einen Schritt zu spät. Der bei einem weiten Pass aus der eigenen Hälfte knapp im Abseits stehende Esteban Paredes flankte butterweich auf den Kopf des ebenfalls eingewechselten Gonzalez, der sich die Chance nicht entgehen ließ.

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