Hertha will mehr - Kampf gegen Zweitliga-Narben
Berlin - Der Empfang in Berlin hielt sich genauso im Rahmen wie die Jubelfeier des Teams. Doch erst einmal bleiben die Ziele bescheiden: Berlin will die 1. Liga sichern.
Die Berliner Aufsteiger hatten es auch nach der Jubelnacht eilig. 14 Minuten eher als angekündigt setzte am Dienstagmittag die Air-Berlin-Maschine AB 6440 mit dem Hertha-Tross in Tegel auf. "Das ist Wahnsinn", kommentierte Jungstar Pierre-Michel Lasogga die Stunden nach dem 1:0 des Hauptstadtclubs in Duisburg, mit dem der letzte Schritt zurück in die Fußball-Bundesliga gelang.
Wie von Trainer Markus Babbel angekündigt, nahmen die Spieler in einem Oberhausener Hotel statt übermäßig Alkohol den nötigen Schlaf. "Wir wollen das jetzt durchziehen", betonte Babbel mit Blick auf das Spiel am Freitag gegen 1860 München und beorderte seine Profis gleich nach der Landung auf den Übungsplatz. Mit einem weiteren Sieg soll ebenfalls vorzeitig der Zweitliga-Titel klargemacht werden.
"Laufbereitschaft, Zweikampfbereitschaft, Disziplin" sind Babbels Schlüssel. Zum Knackpunkt der Saison wurde die Krise im vergangenen Herbst. "Die Spieler mussten extrem schnell lernen", sagte der Coach, dessen Vertrag sich mit dem Aufstieg bis 2012 verlängert hat. Auch für die Leistungsträger Peter Niemeyer (bis 2014), Christian Lell (2013) und Patrick Ebert (2012) wurden neue Kontrakte gültig.
"Auch in einer Phase, als es in der Saison nicht so gut lief, ließ sich das Team nicht auseinanderdividieren. Das zeugt vom Charakter", betonte "Rocker" Babbel, der auf AC/DC und Metallica steht, aus seinen Liverpooler Zeiten mit Tote-Hosen-Sänger Campino befreundet ist und nun sogar über ein eigenes Hertha-Tatoo nachdenkt. "Ich habe einen Faible dafür und werde mir was einfallen lassen."
Für den Club, die Fans und Berlin hat sich der Betriebsunfall Abstieg ein wenig sogar als Glücksfall erwiesen. "Wir sind eins", brachte Babbel das neue Hertha-Gefühl auf einen Nenner. In Berlin haben sich Herthas Kraftanstrengungen herumgesprochen. Keiner der Mitarbeiter musste gehen, die Geschäftsführer Michael Preetz und Ingo Schiller hatten auf 40 Prozent ihrer Bezüge verzichtet. Dank dafür: Hertha steuert mit einem Schnitt von über 45 000 Fans auf einen Zweitliga-Zuschauerrekord hin.
Trotz aller Euphorie aber wollen die Verantwortlichen Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen, als von Meisterfeiern am Brandenburger Tor geträumt wurde. "Als Aufsteiger ist das Ziel Klassenerhalt", formulierte Präsident Werner Gegenbauer die neue Mission. Denn finanziell hat die Zweitliga-Saison bei Hertha Narben hinterlassen. Noch immer drücken rund 31 Millionen Euro Schulden. Der Zweitliga-Gesamtetat von rund 40 Millionen Euro soll für die erste Liga daher auch nur bescheiden auf 54 Millionen aufgestockt werden.
"Nicht nur der Etat macht es, sondern auch der Teamgeist", hat Mittelfeldchef Niemeyer als Zweitliga-Erkenntnis ausgemacht. Das soll nun auch für die Bundesliga gelten. "Drei bis vier Neue" kann sich Preetz vorstellen. "Das Budget steht. Die Mischung aus Gehältern, Ablösesummen und Handgelder muss stimmen", betonte jedoch Clubchef Gegenbauer. "Die Mannschaft ist ja schon so zusammengestellt, dass sie mit der einen oder anderen Ergänzung in Liga eins spielen kann."
Die Vorfreude auf die Bundesliga ist bei allen in Berlin schon jetzt riesengroß. "Es war ein langer Weg. Schalke, Dortmund - da will man hin. Das ist der Anspruch. Wir sind alle froh, dort wieder auftreten zu dürfen", erklärte Ex-Bayern-Profi Lell. Verkäufe von Stars wie Top-Torjäger Ramos, der in Duisburg das Aufstiegs-1:0 schoss, oder Raffael soll es höchstens bei Angeboten jenseits der Zehn-Millionen-Marke geben.