Hermann Rieger ist tot: Mach's gut, Burschi

Hermann Rieger war Kult in der Bundesliga, jetzt ist der Ex-Masseur des HSV im Alter von 72 Jahren gestorben. Seine Karriere hatte er einst bei den Löwen begonnen – auch bei Bayern war er mal.
Filippo Cataldo |
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Hermann Rieger war Kult in der Bundesliga, jetzt ist der Ex-Masseur des HSV im Alter von 72 Jahren gestorben. Seine Karriere hatte er einst bei den Löwen begonnen – auch bei Bayern war er mal.

Hamburg - Noch am Montag ist Hermann Rieger bei der Hamburger Sportgala für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Rieger war nicht da. Als Horst Hrubesch die Laudatio auf ihn hielt, bereitete sich Rieger in Hannover auf eine andere, seine letzte Reise vor.

Hermann Rieger ist der einzige Masseur, für den ein Bundesliga-Klub ein Abschiedsspiel austrug und für den nun am Dienstag die Fahnen rund ums Stadion auf Halbmast gesetzt wurden. Weil er eben mehr war als nur ein Masseur – viel mehr. Der „Burschi“, wie er im hohen Norden genannt wurde und wie er selbst stets all seine Gesprächspartner (egal ob Krawattenträger oder Fußballer) nannte, war Identifikationsfigur, Berater und Kummerkasten, Freund und Zuhörer von Spielern, Trainern, Bossen und Fans. Rieger war Kult. „Er hat nie ein Tor geschossen, aber einer wie Hermann fehlt dem HSV heute“, sagte Hrubesch am Montag. „Bist und bleibst der Größte“, schrieb HSV-Legende Sergej Barbarez am Montag auf Twitter.

2004 war es, als Rieger, dieser Ausbund an Freundlichkeit, Wärme und Menschlichkeit, seine Karriere beenden musste. 26 Jahre hatte er die HSV-Stars geknetet, Felix Magath, Hrubesch, Kevin Keegan, Anthony Yeboah, Sergej Barbarez und all die Klub-Legenden, die beim HSV heute so schmerzhaft vermisst werden, gingen durch seine Finger. Sie alle kamen auch zu seinem Abschiedsspiel. Es war ein heiterer Tag, obwohl der Anlass traurig war. Der Krebs hatte den damals 62-Jährigen erwischt, ein Jahr hatten ihm die Ärzte noch gegeben.

Doch Rieger zeigte der verdammten Krankheit den Vogel. Er zog zurück in die Berge, ging heim nach Mittenwald und kämpfte sich nach Bestrahlung, Chemotherapie und OPs zurück ins Leben. Und weil ihm zu Hause schnell recht fad wurde, besuchte er weiter regelmäßig die Heimspiele des HSV, massierte bei Bedarf Vitali und Wladimir Klitschko und half immer wieder beim damals noch zweiklassigen EHC München aus. Ein Dienst für die Verwandtschaft, EHC-Manager Christian Winkler ist schließlich sein Neffe.

Seine Karriere in der Bundesliga hatte Rieger, ein gelernter Einzelhandelskaufmann und Skitrainer, einst bei den Löwen begonnen. 1977 knetete er nach dem Aufstieg die Waden von Willi Bierofka und Jimmy Hartwig. Bald ging er für ein paar Monate zum FC Bayern, ehe Manfred Kaltz ihn an die Elbe lockte – „obwohl die mir das schlechteste Angebot gemacht hatten, das ich je bekommen habe“, wie er einst der AZ erzählte.

Doch Rieger reizte das Abenteuer, das bald zur ganz großen und ewigen Liebe werden sollte. Die Spieler verehrten, die Fans liebten ihn. „Wenn ein verletzter Spieler auf dem Rasen lag, rief die Kurve "Hermann, Hermann". Wenn es sportlich nicht lief:  "Außer Hermann könnt ihr alle gehen"“ Rieger ging auf in seiner Arbeit: Es ist so ein geiles Gefühl, wenn sich am Mittwoch jemand verletzt und am Samstag in einem Spiel zwei Tore schießt und dann zu dir gelaufen kommt", sagte "er einmal. Besonders oft kam Franz Beckenbauer in seinen letzten zwei Jahren in der Bundesliga zu ihm. „Franz kam als Erster, ging als Letzer. Und am Schluss hatten wir stets ein Weißbier", erzählte Rieger. „Er ist ein Schatz. Solche Originale gibt es nur noch selten“, erklärte Beckenbauer im Gegenzug.

Nun ist dieses Original gegangen. Der verdammte Krebs kehrte 2009 zurück und hat ihn jetzt doch noch besiegt. Dienstagfrüh ist Rieger im Uni-Klinikum Hannover gestorben, er wurde 72 Jahre alt.


 

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