Heldenfrust bei Jogi
Bei der WM waren sie noch die unbekümmerten Jungstars, beim FC Bayern sind sie mittlerweile nur noch Reservisten: Schweinsteiger und Podolski. Verblasst ihr Ruhm nun auch bei der Nationalmannschaft?
BASEL Vielleicht hätten die DFB-Verantwortlichen mit der Wahl des Quartiers etwas sensibler umgehen sollen. Seit Sonntagabend wohnt der gesamte Nationalelf-Tross im noblen Basler Hotel „Les Trois Rois“ (Die drei Könige). Eine feudale Unterkunft am Blumenrain 8, mitten in der Altstadt, direkt am Rhein. Das Beste ist gerade gut genug für die DFB-Kicker vor dem EM-Test am Mittwoch gegen die Schweiz (20.45 Uhr, ZDF live) im Basler St.Jakob-Park.
Doch der Ruhm der WM ist längst vergangen. Das Sommermärchen auserzählt, mittlerweile zu einer Belastung für die Ex-Helden von 2006 geworden. Die Warnungen kommen von überall. Nach Teammanager Oliver Bierhoff im Februar, der die Spieler vor dem – mäßigen – Test in Wien gegen Österreich (3:0) aufrütteln wollte, übernahm nun Michael Ballack die unangenehme Aufgabe. „Das Schulterklopfen nach dem dritten Platz bei der WM hat sehr lange angehalten. Aber diese Zeit ist vorbei“, erklärte der 31-Jährige vom FC Chelsea, der den Begriff „WM-Held“ nicht mehr hören kann. Ballack süffisant: „Dann frage ich mich, wer eigentlich 2006 Weltmeister geworden ist.“
Manch einer der Klinsmänner jenes Märchen-Sommers schien nicht mehr in der Realität anzukommen. Heute schieben viele Helden von 2006 Frust. Ein später Kater.
Was besonders an Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski festzumachen ist. Bei der WM noch die unbekümmerten Jungstars, die es sich leisten konnten, leger im Garten des Mannschaftsquartiers Schlosshotels Grunewald abzuhängen. Derzeit hängen sie auch rum – auf der Auswechselbank. Beim 2:1 der Bayern gegen Leverkusen wurde das einstige Spaß-Duo eine knappe Viertelstunde vor Schluss eingewechselt. Die Frisur saß, rechts wie links, als sie an der Seitenlinie standen. Nur die Form kam ihnen längst abhanden.
Doch noch verteidigt Bundestrainer Joachim Löw die einstige Zweier-Spaßgesellschaft, die Tickets für die EM haben beide sicher. „An der Qualität von Bastian haben wir keinen Zweifel“, meinte Löw, der den 23-Jährigen am Mittwoch auf jener linken Seite spielen lassen wird, die bei Bayern durch Franck Ribéry blockiert ist. Lukas Podolski (22) wird wie im Verein zunächst nur zuschauen. Löw setzt im Sturm auf Gomez und Klose. Dennoch sagt der Bundestrainer: „Wir kennen die Qualitäten von Lukas. Wir sprechen da über Spieler, die bei Turnieren nachhaltig gezeigt haben, wie wertvoll sie sein können.“ Eben. Er sprach von „können“. Ihr wahres Können haben Schweinsteiger und Podolski lange nicht gezeigt, die zwei Ex-Könige. Patrick Strasser