Hansi in der Flickmühle: Der Spagat zwischen Einspielen und Experimentieren

Der Bundestrainer muss nun die richtige Balance zwischen Einspielen und Experimentieren bei den anstehenden Testspielen finden.
von  Patrick Strasser
"Wir schauen ganz genau hin: Wer hat die Qualität, für dieses Team wichtig sein zu können", sagt Bundestrainer Flick vor den Testspielen.
"Wir schauen ganz genau hin: Wer hat die Qualität, für dieses Team wichtig sein zu können", sagt Bundestrainer Flick vor den Testspielen. © IMAGO/HMB-Media

Neu-Isenburg  - Es gab Sushi und Curry. Ohne Hansi. Kevin Trapp, seines Zeichens dritter Torhüter, Frankfurter und Feinschmecker, führte seine Nationalelf-Kollegen am freien Donnerstagabend aus: Mannschaftsabend ohne Trainer.

Er wählte den Fine-Dining-Asiaten "Zenzakan" an der Taunusanlage in der Nähe der Alten Oper aus. Bundestrainer Flick schaute sich derweil im Teamhotel Kempinski Gravenbruch in Neu-Isenburg die WM-Playoff-Spiele an. Das sensationelle Aus der Italiener  für die Endrunde im November/Dezember in Katar dürfte die Sinne aller beim DFB noch mal geschärft haben - und Erleichterung verbreiten im Sinne von: Wir sind schon qualifiziert und nur deshalb dienen die anstehenden März-Termine zur Einstimmung auf das terminlich ungewöhnliche WM-Jahr.

DFB-Elf startet gegen Israel ins WM-Jahr 2022

Mit dem Testspiel am Samstag (20.45 Uhr, ZDF) gegen Israel startet die Nationalmannschaft in Sinsheim ins Turnier-Jahr 2022. Alle für internationale Spiele zur Verfügung stehenden Karten wurden verkauft. In der "PreZero Arena", der Heimstätte der Hoffenheimer, werden 25 600 Zuschauer dabei sein und sehen wollen, ob Flicks Lauf - bisher sieben Siege in sieben Spielen mit 31:2 Toren - fortgesetzt wird.

Aber darum geht es nicht in erster Linie. Acht Monate vor Beginn der WM muss Flick einen Spagat wagen zwischen Einspielen und Experimentieren. Hansi in der "Flickmühle": System und Philosophie sollen verfeinert, andererseits Neulinge wie Anton Stach  und Nico Schlotterbeck(SC Freiburg) getestet werden. Kader-Rückkehrer wie Julian Draxler (Paris St.-Germain) und Julian Weigl (Benfica Lissabon) sollen sich beweisen.

Was angesichts des Fehlens von arrivierten Kräften wie Joshua Kimmich, Niklas Süle, Leon Goretzka, Marco Reus, Robin Gosens sowie den Youngstern Florian Wirtz und Karim Adeyemi auch gut möglich ist.

Das Schaulaufen, das am Dienstag in Amsterdam gegen Louis van Gaals Holländer unter sportlich verschärften Test-Bedingungen fortgesetzt wird, hat bereits vorentscheidenden Charakter. "Wir schauen ganz genau hin: Wer hat die Qualität, für dieses Team wichtig sein zu können", betonte Flick am Freitag mit Blick auf sein erstes Turnier als Cheftrainer. Nach Katar will er im Advent nur Profis mitnehmen, "die die mentale Entwicklung machen, bei solchen Spielen ihre Leistung abzurufen".

Nach einer DFB-Pause von vier Monaten seit dem letzten Länderspiel, dem 4:1 in Armenien zum Abschluss der erfolgreichen WM-Qualifikation, will Flick "überprüfen, ob wir alles richtig gemacht haben oder wir noch nachjustieren müssen".

Flick fahndet nach "verlässlicher Alternative" für Kimmich 

Bei seinen Spielern ist die Botschaft angekommen. "Man muss es so ernst angehen, als wäre man beim Turnier", sagte Routinier Ilkay Gündogan (31). Der Mittelfeldspieler ist gegen Israel wie für den Katar-Kader gesetzt, andere müssen sich beweisen. Auf der Sechser-Position, auf der Flick nach einer "verlässlichen Alternative" für Kimmich fahndet, dürfte Ex-Löwe Weigl beginnen. Kimmich ist wegen der bevorstehenden Geburt seines dritten Kindes noch nicht zur Nationalmannschaft gereist. Was nicht ist, kann ja noch werden: Kommt Kind, kommt Kimmich.

Stammtorhüter Manuel Neuer, erst kürzlich von einer Knieverletzung genesen, erhält am Samstag eine Pause. Seine Vertreter Marc-André ter Stegen, die DFB-Nummer zwei vom FC Barcelona, und Partyorganisator Trapp werden "jeweils eine Halbzeit spielen", kündigte der 57-Jährige an. Vorne im Angriff darf sich Chelseas Bankdrücker Timo Werner um Tore und Selbstvertrauen bemühen.

"Am Ende ist jeder einzelne für sich selbst verantwortlich", betonte Flick und Werner müsse "vielleicht das ein oder andere mehr anbieten". Der Ton wird rauer. Schließlich soll der WM-Titel her. Flick: "Da stapeln wir jetzt auch nicht tief."

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