Haching träumt vom Sensations-Double

Im Pokal-Achtelfinale empfängt Regionalligist Unterhaching Bundesligist Bayer Leverkusen – dem vermasselten sie vor 15 Jahren die Meisterschaft. "Dieses Spiel machte Verein und Gemeinde bekannt."
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Der 20. Mai 2000 – da schrieben die Hachinger um Markus Oberleitner (hinten) Geschichte. Sie besiegten Leverkusen, machten Bayern zum Meister.
GES/Augenklick Der 20. Mai 2000 – da schrieben die Hachinger um Markus Oberleitner (hinten) Geschichte. Sie besiegten Leverkusen, machten Bayern zum Meister.

Unterhaching - Manni Schwabl schaut glücklich aus dem Fenster seines Büros. Dort unten, rund um den Fußballplatz, der an diesem kalten Vormittag noch mit Tau bedeckt ist, werden gerade die grünen Banden aufgebaut.

"Und dann", sagt Schwabl, "wissen wir, dass wir immer noch dabei sind. Dann wissen wir, dass wir wieder vor einem großen Spiel stehen."

Der Präsident der SpVgg Unterhaching, 1986 selbst Pokalsieger mit dem FC Bayern, genießt diese Tage vor dem Duell im Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen (19 Uhr/Sky).

"Es ist das größte Spiel, seit ich hier im Verein bin", sagt er im Gespräch mit der AZ: "Bayern war mal im Freundschaftsspiel da. Aber gegen Leverkusen geht es natürlich um mehr, um Geld, ums Image."

Und um Revanche – zumindest für die Gäste. Denn diese Partie, Haching gegen Leverkusen, lebt vor allem von ihrer Historie. Von diesem 20. Mai im Jahr 2000, als Bayer am letzten Spieltag die Meisterschaft im Sportpark aus der Hand gab. Nach einem Eigentor von Michael Ballack und Markus Oberleitners Kopfballtreffer siegte der krasse Außenseiter, für den es um nichts mehr ging, 2:0.

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Bayern bezwang wenige Kilometer entfernt im Olympiastadion Werder Bremen 3:1 und holte sich noch den Titel. Dabei hatte Leverkusen vor dem letzten Spieltag drei Punkte Vorsprung.

"Damals war ich noch nicht so eng mit Haching", erzählt Schwabl, der 2010 als Nachwuchskoordinator bei dem Klub im Süden Münchens anfing und 2012 Präsident wurde. "Klar, dieses Spiel hat den Verein und die gesamte Gemeinde komplett bekannt gemacht. Du hörst heute immer noch: Haching? Das waren die, die gegen Leverkusen gewonnen haben."

Schwabl war an diesem historischen Tag nicht im Stadion. "Ich habe Tennis gespielt", erinnert er sich. "Irgendeiner hat ein Radio dabei gehabt, wir haben die Zwischenstände gehört. Als erstes habe ich gedacht: Das ist typisch Bayern. Eigentlich waren sie schon weg und dann so was."

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Schwabl fängt laut an zu lachen, man kann ihn sich sehr gut auf dem Tennisplatz vorstellen, wie er mit den Händen an seine Stirn fasst und spontan den Schläger durch die Luft wirft. "Ich habe mich natürlich für die Bayern Freude."

Einige Hachinger Sieger aus dem Jahr 2000 werden im Stadion sein. "Danny Schwarz, Dennis Grassow, Ralf Bucher haben zugesagt", erzählt Schwabl. Markus Oberleitner (42) wird bei diesem offiziellen Teil wohl fehlen. Der Torschütze von 2000 war bis vor kurzem noch im Nachwuchsbereich der Hachinger tätig. Doch ausgerechnet in der Woche vor dem großen Spiel trennten sich der Klub und Oberleitner, der 1996 auch beim FC Bayern spielte.

Zu den Hintergründen schweigt Schwabl, sagt nur: "Das wird sich alles wieder einrenken, im Fußball sind immer Emotionen dabei. Ich denke, er wird im Stadion sein. Das wird sich der Obi nicht nehmen lassen. Er ist einer der Helden von damals."

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Ob die Leute irgendwann auch über die Hachinger Helden des Jahres 2015 sprechen werden? Schwabl, der mit der SpVgg "in sechs, sieben Jahren über die 3. Liga zurück in die 2. Liga" will, gibt sich zurückhaltend. "Leverkusen wird uns nicht unterschätzen. Deswegen sage ich: Träumen können andere, ich bin Realist. Wenn es ein geiles Erlebnis wird, wenn das Stadion voll ist, die Mannschaft gut Fußball spielt, und wir verlieren, dann ist alles gut."

Bürgermeister Wolfgang Panzer klingt optimistischer. "Ich glaube an unsere Mannschaft und an Pokalspiele, die ganz eigenen Gesetzen folgen", sagt er zur AZ: "Unterhaching hat Leverkusen schon einmal bezwungen, insofern können wir aus der Geschichte Kraft schöpfen."

Sollte ein Überraschungssieg gelingen, winkt den Spielern ein Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde. "Es wäre der größte Coup im Fußball seit dem Jahr 2000", sagt Panzer, der zum ersten Mal in dieser Pokalsaison im Stadion sein wird. Im Vorfeld der Partie sei die Gemeinde "etwas aufgeregt und ein bisserl nervös".

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Aber eben auch ein bisserl hoffnungsvoll – das gilt auch für Schwabl. Im Ort wurden Plakate mit dem Schriftzug "Déjà-Vu 2000" aufgehängt, im Falle eines Sieges sollen Pullover bedruckt werden. "Irgendwas mit den Bayer-Tabletten", sagt Schwabl, "würde uns da schon einfallen."

Im Fanshop hängen noch die "Bullenzähmer"-Shirts, die nach dem 3:0 in der 2. Runde gegen Zweitligist RB Leipzig verkauft wurden. In der 1. Runde hatte Haching schon überraschend Bundesligist Ingolstadt besiegt.

 

Wenn aus Lockerheit Ernst wird im Sportpark

 

Leverkusen sei "ein anderes Kaliber", meint Schwabl. "Wir dürfen nicht vergessen: Das ist Regionalliga gegen eine Mannschaft, die Barcelona fast geschlagen hätte. Wir haben gegen Rain am Lech 1:1 gespielt, Leverkusen 1:1 gegen Barcelona."

Von einem "Testspiel", wie Haching-Trainer Claus Schromm die Partie gegen Bayer bezeichnet hatte, könne aber keine Rede sein. "Da müssen wir den Trainer mal fragen, wie er das gemeint hat", sagt Schwabl und lacht. Als Schromm wenig später auf der Geschäftsstelle auftaucht, gibt es dann einen kleinen, nicht ganz ernst gemeinten Rüffel vom Präsidenten.

Die Stimmung ist so kurz vor dem Highlight der Saison locker. Aber Vorsicht: Wie schnell im Sportpark aus Lockerheit Ernst werden kann, dokumentieren zwei Stollenabdrücke an der Wand der Gästekabine. 2013 verspielte Preußen Münster hier den Aufstieg, die Furchen sind bis heute geblieben.

Zwei neue Abdrücke des Leverkusen-Torjägers Chicharito? Dann hätten die Hachinger die Sensation geschafft.

Und Schwabl, der sich im Viertelfinale den TSV 1860 wünschen würde, dürfte nochmal die grünen Pokal-Banden bewundern.

Maximilian Koch

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