Großbritannien geht das Bier aus

Ausgerechnet zur WM wird in Großbritannien das Nationalgetränk knapp – Probleme bei der Herstellung von CO2 sind das Problem.
von  Jochen Wittmann
Englands Fußballfans zittern derzeit nicht nur mit ihrer Mannschaft, sondern auch um die nächste Runde Bier.
Englands Fußballfans zittern derzeit nicht nur mit ihrer Mannschaft, sondern auch um die nächste Runde Bier. © dpa/Will Oliver

Das Timing hätte nicht schlimmer sein können. Die Fußballweltmeisterschaft läuft, das englische Team hat Erfolg. Dazu scheint im Königreich die Sonne dauernd, eine Hitzewelle macht sich breit. Und was passiert? Dem Land geht das Bier aus.

Hamsterkäufe von Kneipen und Restaurants

Booker, der größte Getränke-Großhändler in Großbritannien, begann, seine Verkäufe von kohlensäurehaltigen Getränken zu rationieren. Kneipen und Restaurants machen Hamsterkäufe, denn sie sorgen sich, dass ihnen die Vorräte ausgehen werden. Und Fußballfans sind entsetzt bei dem Gedanken, nach einem weiteren Englandtreffer kein Bierchen mehr zum Anstoßen haben zu können.

Der Grund für die Bier-Krise ist der akute Mangel an CO2. Das in der Lebensmittelindustrie weitläufig eingesetzte Kohlendioxid ist ein Gas, das hauptsächlich bei der Herstellung von Ammoniak für die Düngemittelproduktion gewonnen wird. Doch die größten Ammoniakfabriken in Europa haben Sommerpause: Sie nutzen die Zeit der geringen Nachfrage für Düngemittel zur Reparatur ihrer Anlagen. 

Und auch in Großbritannien operieren zur Zeit nur zwei der fünf Fabriken, die Kohlendioxid für die Lebensmittelindustrie bereitstellen.

Offensichtlich gibt es allerdings nicht nur im Vereinigten Königreich Schwierigkeiten: "Wir spüren die aktuell angespannte Situation bei der Beschaffung des Rohmaterials in Europa", erklärt ein Sprecher des Münchner Industriegase-Herstellers Linde der "FAZ". "Unsere Logistikexperten arbeiten mit Hochdruck daran, drohende Lieferengpässe für die Kunden abzuwenden – insbesondere durch die variable Nutzung unseres europäischen Produktions- und Distributionsnetzes."

Heineken will hart daran arbeiten, den Engpass zu lösen

Der fehlende Nachschub trifft die Getränkeindustrie in Großbritannien allerdings besonders hart. Eine der größten Kneipenketten des Landes, "J D Wetherspoon", warnte ihre Kunden, dass "es ein Problem geben wird" und kündigte an, einige Produkte aus ihrem Angebot zurückziehen zu wollen. Heineken, der größte Braukonzern im Königreich, versprach, "hart daran zu arbeiten, diesen Engpass so schnell wie möglich mit unserer europäischen Versorgungsbasis zu lösen."

Die Londoner Brauerei Beavertown fürchtet, dass sie die Produktion noch in dieser Woche einstellen muss. "Das wird wohl der Fall in der gesamten Industrie sein, von den Mikrobrauereien bis zu den großen", sagte ein Sprecher.

Englische Kneipengänger, die sich auf die Spiele der Weltmeisterschaft freuen, sind über eine drohende Rationierung empört. "Fußball ohne Bier", meinte ein Fan gegenüber dem Nachrichtensender Sky News, "das geht doch gar nicht." Recht hat er.
 

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