Gnarby - Bayern-Stürmer überzeugt als Tempodribbler

Serge Gnabry darf sich glücklich schätzen. Er hat an der besten Niederlage dieses Länderspieljahres der Nationalelf mitgewirkt. Denn durch das 1:2 in Frankreich hat das DFB-Team 2018 einen Negativrekord aufgestellt.
Sechs Niederlagen gab es in einem Kalenderjahr noch nie, in 110 Jahren Länderspiel-Historie nicht. 0:1 gegen Brasilien im März, 1:2 gegen Österreich während der WM-Vorbereitung, 0:1 gegen Mexiko und 0:2 gegen Südkorea beim blamablen WM-Vorrunden-Aus in Russland und nun binnen vier Tagen in der Nations League erst das 0:3 in den Niederlanden und nun das 1:2 in St. Denis.
Gnabry agierte überraschend als "falsche Neun"
Was das alles mit Gnabry zu tun hat? Wenig – und doch ‘ne Menge. Mit dem Versagen in Russland und in Amsterdam hat der 23-Jährige nichts zu tun, seine Länderspielkarriere begann im Grunde erst diesen Dienstagabend im "Stade de France" so richtig. Der Flügelstürmer des FC Bayern agierte überraschend als "falsche Neun", der jedoch in der Sprint-Abteilung Angriff mit Timo Werner und Leroy Sané häufig die Positionen tauschte.
Den Handelfmeter holten Gnabry und Sané mit forschem Antritt und mutiger Kombination heraus. Mit einem satten Linksschuss (67./gehalten von Frankreichs Torhüter Lloris) beim Stand von 1:1 wäre Gnabry beinahe noch der Held des Abends geworden.
Löw lobt Gnabry
"Für mich war es überraschend, von Anfang an zu spielen, nachdem ich nachnominiert wurde", sagte Gnabry, der nur durch die Absage des verletzten Bayern-Kollegen Leon Goretzka nachrückte. Seine ihm von Löw mit auf den Weg gegebene Aufgabe sei gewesen, "vorne drinbleiben und die Bälle halten". Der Bundestrainer lobte Gnabry: "Serge hat im Training einen sehr guten Eindruck gemacht." Des Spielers Fazit: "Wir waren aber in keiner Weise schlechter als Frankreich, sollten den Kopf nicht hängen lassen."
Es war Gnabrys drittes Länderspiel – und das erste nach mehr als zwei Jahren Pause. Im November 2016 hatte er, damals noch Angreifer von Werder Bremen, sein Debüt beim WM-Qualifikationsspiel in San Marino gefeiert. 8:0 und drei Tore Gnabry – welch’ Debüt! Wenige Tage später kam er beim 0:0 in Italien für eine halbe Stunde zum Einsatz, da ging es jedoch gegen eine bessere Abwehrreihe. Anschließend war – auch verletzungsbedingt – Sendepause für Gnabry im DFB-Team. Für den Confed-Cup wurde er von Löw nicht nominiert, gewann stattdessen die U21-EM in Polen. Ist ja auch was.
Kroos freut sich über Gnabry
Nun will er kontinuierlich zum A-Team gehören, als Alternative auf rechts zu Thomas Müller etwa. Nach der Leistung von Paris dürfte ihm die Berufung für die beiden November-Länderspiele sicher sein, zumal Löw im echten Freundschaftsspiel gegen Russland (15. November) wieder testen kann. Über Tempodribbler Gnabry, der gerne steil geht, freute sich auch Spielmacher Toni Kroos: "Natürlich habe ich gerne Optionen. Deswegen fühlte es sich auf dem Platz wie eine Niederlage an, die mit am meisten Spaß gemacht hat."
Nun muss Gnabry auch beim FC Bayern durchstarten. Der Juli-Neuzugang kommt bisher auf acht Pflichtspiele, meist als Joker, schaffte dabei bisher lediglich eine Torvorlage, keinen Treffer. Am Samstag beim VfL Wolfsburg droht ihm wieder die Bank. Die alten Flügel-Platzhirsche Arjen Robben und Franck Ribéry konnten während der Länderspielpause in Ruhe an der Säbener Straße arbeiten. Die Oldies werden vor ihm zittern müssen, denn: Gnabrys Zeit kommt. Unaufhaltsam.