Gibraltar: Affen, Amateure und eine Schönheit
Nürnberg - „Unter sieben Gegentoren sind wir zufrieden“, sagt Gibraltars Torwart Jordan Perez, denn dann könnte er behaupten: „Wir sind besser als Brasilien.“ Er ist eigentlich Feuerwehrmann – was sich eventuell als nützlich erweisen könnte. Denn im EM-Qualifikationsspiel in Nürnberg gegen Weltmeister Deutschland (20.45 Uhr, live bei RTL) könnte es im Strafraum des Fußball-Zwergs (Bitte entschuldigen Sie den folgenden Wortwitz) ganz schön brennen.
Zehn Fakten über Deutschlands Gegner:
Kleinster aller Fußball-Zwerge: Die britische Kronkolonie am südlichsten Zipfel Spaniens ist 6,8 Quadratkilometer klein (950 Fußballfelder) und hat knapp 30000 Einwohner – alle Gibraltarer zusammen würden mit Ausnahme von Freiburg und Paderborn in jedes Bundesliga-Stadion passen. „Es gibt einen Fußballplatz da. Das reicht auch bei dieser Bevölkerungszahl und bei dieser Anzahl von Fußballern“, sagte Frank Beckenbauer vor dem ungleichen Duell. Charmant.
Von wegen Profis: Gibraltars Nationalelf besteht hauptsächlich aus Amateuren. Torwart Perez ist Feuerwehrmann, vor ihm sorgen Polizisten, Zollbeamte und ein Buchhalter für Ordnung, der Torjäger arbeitet am Hafen. Kapitän Roy Chipolina jammert: „Und dann geht auch noch der Jahresurlaub für Fußball drauf, so dass man seiner Frau erzählen muss, dass die Ferien in diesem Jahr ausfallen.“
Manchester-Stars: Fünf Nationalspieler kicken für Manchester, darunter Yogen Santos und Jeremy Lopez. Dem geneigten Premier-League-Fan dürften sie kein Begriff sein, schließlich handelt es sich nicht um die englischen Top-Klubs ManUnited oder City, sondern um Manchester 62 FC in Gibraltars Premier Division. Rechtsverteidiger Scott Wiseman ist als einziger Profi in der dritten englischen Liga bei Preston North End aktiv.
Ein Land, ein Stadion: Das von Beckenbauer als Fußballplatz bezeichnete Victoria Stadium ist tatsächlich einzigartig. Manchester 62 FC muss es sich mit allen anderen Klubs von der Jugend bis hinauf in die erste Liga teilen – ein zweites gibt es nicht. Santos, Lopez und Kollegen absolvieren eines von drei wöchentlichen Trainings auf dem Parkplatz hinter einem Hotel.
Erst Fan, jetzt Gegner: Adam Priestley vom englischen Achtliga-Klub Farsley AFC, einer von vier Legionären, hat große Vorfreude. Beim WM-Finale habe das Team mit den Deutschen gefiebert. „Wir wollten doch gegen die Weltmeister spielen. Dass es jetzt so kommt, ist schier unglaublich.“
Internationaler Zankapfel: Gibraltar gilt wie andere britische Überseegebiete als Steuerparadies und ist seit über 300 Jahren Zankapfel zwischen Briten und Spaniern. Spaniens Diktator Francisco Franco verhängte 1969 eine Blockade gegen Gibraltar, die erst 1982 gelockert wurde. In dieser Zeit war der Felsen nur per Schiff oder Flugzeug zu erreichen.
Heimspiele auswärts: Das heimische Stadion entspricht nicht den Fifa-Standards, aufgrund der Streitigkeiten darf der Mini-Staat seine Heimspiele auch nicht in nahegelegenen spanischen Städten wie Sevilla oder Málaga austragen. Daher muss der Fußball-Zwerg bei Heimspielen nach Faro/ Portugal ausweichen, wo auch die DFB-Elf am 13. Juni 2015 zum Rückspiel gastiert.
Affenfelsen: Gibraltar ist eine Halbinsel, die zu großen Teilen aus einem steil aufragenden Felsen an der Ostküste besteht. Es ist das einzige Gebiet in ganz Europa, wo Affen in freier Wildbahn vorkommen. Rund 300 Berberaffen leben in Gibraltar, werden allerdings vorwiegend als Haustiere gehalten. Eine Legende besagt: Wenn der letzte Affe Gibraltar verlassen hat, ist die Affeninsel nicht mehr britisches Hoheitsgebiet. Aus Fels und Affe ergibt sich der Affenfelsen.
Schönste Frau der Welt: Kaiane Aldorino, heute 28, wurde vor fünf Jahren zur Miss World 2009 gewählt. Der Zwerg-Staat verliert aber auch dieses Duell gegen Deutschland, das in Petra Schürmann (1956) und Gabriella Brum (1980) schon zwei Titelträgerinnen hatte.
Vorsicht Flieger: „Ich war mal auf Gibraltar, aber außer dem Flughafen, der sehr abenteuerlich war, habe ich wenig gesehen“, sagt Beckenbauer. Was so abenteuerlich war: der weltweit einzige Flughafen, dessen Landebahn eine vierspurige Straße kreuzt. Kurios: Landet ein Flugzeug, werden Straßenschranken runtergelassen.