Genug ist genug: Wie es für den DFB nach der Flick-Entlassung weitergeht

Am Ende war er nicht mehr zu halten: Nach der 1:4-Niederlage gegen Japan muss Bundestrainer Hansi Flick seinen Hut nehmen. Der DFB begibt neun Monate vor der Heim-EM auf Trainersuche.
von  Patrick Strasser
Hansi Flick ist als Bundestrainer freigestellt worden.
Hansi Flick ist als Bundestrainer freigestellt worden. © Federico Gambarini/dpa

München - Genug ist genug. Hansi Flick hat fertig. Die höchste Niederlage in seinem 25. Länderspiel seit der Amtsübernahme im August 2021 war die eine zu viel für den 58-Jährigen. Das desaströse wie erschreckende 1:4 am Samstagabend gegen Japan brachte die DFB-Bosse dazu, nach einer Krisensitzung am Sonntag einen Schlussstrich zu ziehen unter die Ära Flick.

Zu groß war die Furcht, dass neun Monate vor der Heim-EM 2024, dieser für Fußball-Deutschland historischen Chance, alles den Bach runtergeht und die Anti-Stimmung gegenüber der Nationalelf, einst der Nation liebtes Kind, nicht mehr zu reparieren sein würde.

Hansi Flick als Bundestrainer entlassen: Rudi Völler, Hannes Wolf und Sandro Wagner übernehmen

Also muss es zunächst der Gute-Laune-Onkel richten: Rudi Völler, allseits bekannt und beliebt als "Tante Käthe". Im Testländerspiel am Dienstag (21.00 Uhr/ARD) in Dortmund gegen Vize-Weltmeister Frankreich wird der DFB-Sportdirektor für diese eine Partie auf der Bank sitzen, an seiner Seite die Assistenten Hannes Wolf (aktuell U20-Trainer) und Sandro Wagner, der noch im Juni die SpVgg Unterhaching in die Dritte Liga geführt hatte. Das sind Karrieresprünge.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf (li.) bezeichnete die Flick-Entlassung als "schwerste Entscheidung" seiner Amtszeit. Hannes Wolf und Rudi Völler (re.) sollen das Team für ein Spiel betreuen.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf (li.) bezeichnete die Flick-Entlassung als "schwerste Entscheidung" seiner Amtszeit. Hannes Wolf und Rudi Völler (re.) sollen das Team für ein Spiel betreuen. © IMAGO / Kessler-Sportfotografie

"Der sportliche Erfolg hat für den DFB oberste Priorität. Daher war die Entscheidung unumgänglich", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Sonntagnachmittag und erklärte die Beweggründe für die Flick-Demission: "Die Gremien waren sich einig, dass die A-Nationalmannschaft der Männer nach den zuletzt enttäuschenden Ergebnissen einen neuen Impuls benötigt."

Es sei die "schwierigste Entscheidung seiner bisherigen Amtszeit" gewesen, so Neuendorf, der bekräftigte: "Wir brauchen mit Blick auf die Europameisterschaft im eigenen Land eine Aufbruchstimmung und Zuversicht." Daher fiel die Wahl auf "Rudi nationale" als Ein-Spiel-Bundestrainer. So schließt man Pfiffe der Dortmunder Südtribüne aus, eine sportlich wahrscheinliche Niederlage würde das Volk Völler, von 2000 bis 2004 selbst Teamchef, sicher verzeihen.

Rudi Völler wollte Hansi Flick beim DFB eigentlich "den Rücken freihalten"

"Für mich ist das kein einfacher Moment, denn ich bin im Februar beim DFB angetreten, um Hansi Flick mit all meinen Möglichkeiten zu unterstützen, ihm den Rücken freizuhalten, damit er sportlich erfolgreich sein kann", sagte Völler, der "fest daran geglaubt" habe, "dass er es als Bundestrainer schaffen kann, unsere Nationalmannschaft wieder auf Kurs zu bringen." Flick habe sich "aufgerieben in den zurückliegenden Monaten, er hat gemeinsam mit seinem Trainerteam alles gegeben, um nach dem Ausscheiden bei der WM in Katar die Wende zum Positiven zu schaffen."

Gelang nicht. Flick, der bei Bayern gefeierte Sieben-Titel-Trainer der Jahre 2020 und 2021, war zuletzt nur noch ein Schatten seiner selbst, seine Aussagen nach dem 1:4 gegen Japan erinnern an Durchhalteparolen eines Trainers im Abstiegskampf, der nur noch auf Abruf im Amt war. So kam es dann auch. Am Sonntag durfte er noch das öffentliche Training in Wolfsburg leiten und sich im Zuspruch der Fans sonnen. "Ich fighte weiter", rief er den Anhängern kämpferisch zu.

Die Bilanz von Hansi Flick als Trainer der Nationalmannschaft ist verheerend 

Nicht nur der sportliche Niedergang und die fehlende Entwicklung der Mannschaft wurden Flick, der vor zwei Jahren nach einem Startrekord mit acht Siegen gegen – allerdings – zweitklassige Gegner gefeiert wurde, vorgeworfen. Nach der verpatzten WM mit dem Vorrunden-Aus in Katar schaffte Flick den Turnaround nicht mehr. Drei Statistiken, die den jüngsten Niedergang des DFB-Teams dokumentieren: Drei Länderspiele hintereinander hat eine deutsche Nationalelf zuletzt 1985 verloren.

Zweitens: Seit fünf Partien ist man ohne Sieg, hat von sechs Testspielen 2023 lediglich eines gewonnen (2:0 gegen Peru im März) und vier verloren. Schließlich drittens: Das 1:4 zu Hause ist die zweihöchste Pleite in einem Heimspiel nach dem Zweiten Weltkrieg. Jenes 1:5 gegen England vor 22 Jahren musste Völler verantworten, der damalige Teamchef. Sachen gibt's. 

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