Generation schwindelfrei
Berlin - Natürlich wurde Joachim Löw zu den neuen Machtverhältnissen in der Hauptstadt befragt – wenn der Bundestrainer schon mal da ist. Er antwortete: „Ich glaube, dass es Berlin gut tut. Otto Rehhagel hat diese absolute Autorität und auch die Energie, um die Mannschaft zum Klassenerhalt zu führen.” Von Hertha BSC war die Rede und damit von einem, der schon einmal Europameister war. Damals, 2004, als Rehhagel zu Rehhakles wurde.
Löw, 21 Jahre jünger als der 73-jährige Altmeister, hat noch keinen Titel geholt in seiner Amtszeit als oberster Trainer des Landes. 2012 soll es beim EM-Turnier in Polen und der Ukraine so weit sein. „Der Pulsschlag einer neuen Generation” lautet das Motto, das der DFB am Mittwoch in Berlin vorstellte. „Es ist für uns alle ein Jahr der großen Chance. Und zwar der Chance, bei diesem Turnier einiges zu erreichen”, sagte Löw.
Die erste Etappe der Vorbereitung auf das Turnier startet kommenden Montag, wenn sich die Mannschaft mit einem 22-Mann-Kader in Bremen zum Testländerspiel am 29. Februar gegen Frankreich trifft. Hierfür nominierte Löw sieben Bayern-Profis (Neuer, Lahm, Boateng, Badstuber, Müller, Kroos, Gomez). Nicht dabei sind die verletzten Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski, Mario Götze und Per Mertesacker. Auf zuletzt formstarke Profis wie Hannovers Schlaudraff oder Gladbachs Hanke verzichtete Löw, betonte aber: „Die Tür ist noch nicht zu.”
Der Test gegen Frankreich dient der Kandidatenkür für fragliche EM-Fahrer. Dem Resultat misst der Bundestrainer keine allzu große Bedeutung bei: „Natürlich wollen wir gewinnen, aber das Ergebnis hat eine untergeordnete Rolle.” Die tatsächliche Vorbereitung beginnt mit dem ersten Trainingslager in Sardinien (ab 11. Mai). Problematisch bleibt der Termin des Testspiels zwischen dem FC Bayern und der niederländischen Nationalelf als finanzielle Kompensation im Streit um Arjen Robbens Verletzung in Folge der WM 2010. „Am 25. Mai beginnt die offizielle Uefa-Abstellungsperiode”, erklärte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff, „die Bayern haben die Möglichkeit genutzt, da ist alles korrekt gelaufen. Das müssen wir akzeptieren.” Zähneknirschend. Denn ab dem 18. Mai will sich die Nationalelf in Südfrankreich 13 Tage konzentriert auf die EM vorbereiten. Der ungeklärte Streitpunkt: Wie viele Bayern-Profis dürfen trotz des Holland-Kicks zum DFB? Die Fronten sind verhärtet.
Mit einer „gewissen Leichtigkeit”, so Löw, will man ins Turnier gehen, „denn nur dann werden wir ein gutes Turnier spielen." Er weiß: „Die Erwartungen in Deutschland sind sehr hoch, deshalb ist die Fallhöhe auch höher. Aber unsere jungen Spieler sind relativ schwindelfrei.”
Die jeweils 6000 Karten für die drei Vorrundenspiele der DFB-Elf in Lwiw (Portugal und Dänemark) sowie zwischendrin in Charkiw (Niederlande) sind übrigens verkauft.