Gelb-Schummler: Denkzettel oder Freifahrtschein

Frankfurt/Main - Nach der absichtlichen Gelben Karte des Bremers Zlatko Junuzovic steht der deutsche Fußball an einer Weggabelung. Am Freitag fällt das DFB-Sportgericht sein Urteil im Politikum um die vorsätzlich provozierte Sperre des Österreichers. "Wir müssen die Chancengleichheit im Wettbewerb im Auge behalten", sagte der Vorsitzende Richter Hans Eberhard Lorenz.
Junuzovic droht bei der öffentlichen Verhandlung in Frankfurt/Main wegen des Verdachts auf unsportliches Verhalten eine Sperre für mehrere Spiele und zusätzlich eine empfindliche Geldstrafe.
Das Besondere am Fall des Mittelfeldspielers von Werder Bremen: Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Clemens Fritz, der wegen seiner zehnten Verwarnung wegen Haltens ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, gab Junuzovic die Schummelei unmittelbar nach der Partie gegen Hannover 96 (4:1) zu.
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"Es ist besser, ich mache es so, als wenn ich jemandem absichtlich weh tue", sagte der Mittelfeldspieler. Es sei abgesprochen gewesen, dass er sich in diesem Spiel seine fünfte Gelbe Karte hole, um gegen Tabellenführer Bayern München und nicht einen Konkurrenten im Abstiegskampf gesperrt zu sein.
Richter Lorenz muss nun die Grundsatzfrage klären, wie in Zukunft mit offensichtlich aus taktischen Gründen kassierten Gelben Karten umzugehen ist. Denn nicht erst die unbedarfte Ehrlichkeit von Junuzovic hatte zur Anklage des DFB-Kontrollausschusses geführt, sondern schon das plumpe Schinden der Gelben Karte durch mehrfaches Anlaufen bei einem Freistoß.
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Auch bei den fünf Darmstädter Spielern, die vor dem Spiel gegen den FC Bayern ebenfalls einen plötzlichen Anfall von "Gelbsucht" erlitten hatten, ermittelten die Kontrolleure. Verein und Spieler wurden angehört, eine Absicht konnte den Hessen aber nicht nachgewiesen werden und so wurde das Verfahren eingestellt.
Junuzovic denkt an Presse-Boykott
Nun müssen sich Junuzovic und Fritz am Freitag in aller Öffentlichkeit den bohrenden Fragen vor Gericht stellen. Zudem ist Schiedsrichter Felix Zwayer vorgeladen.
Ein Freispruch von Junuzovic, der in einem vom Klub veröffentlichten Interview Anfang der Woche eiligst zurückgerudert war, dürfte angesichts der Faktenlage kaum in Betracht kommen. In den UEFA-Wettbewerben können Gelb-Schummler längst zusätzlich bestraft werden.
2011 reagierte der Kontinentalverband, nachdem es in Champions und Europa League zu ähnlichen Vergehen gekommen war. Für einen Fall "grober Unsportlichkeit wegen Wettbewerbsverzerrung" werden überführte Täter seither mit einer Sperre von zwei Spielen belegt.
Sollte Junuzovic am Freitag verurteilt werden, hat er schon vorab vorsorglich einen Presse-Boykott angekündigt. "Wenn das jetzt juristisch auf die Goldwaage gelegt wird, werde ich künftig keine Interviews direkt nach dem Spiel geben und die Emotionen erstmal verziehen lassen", sagte er in einem Interview mit der PR-Abteilung von Werder.