Fußball will Anti-Doping-Kampf ernsthafter führen

Das leidige Doping-Thema kam für die deutschen Fußball-Granden zur Unzeit. Kritische Fragen zum Anti-Doping-Kampf passten so gar nicht in das feierliche Programm anlässlich des 50.
dpa |
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Das leidige Doping-Thema kam für die deutschen Fußball-Granden zur Unzeit. Kritische Fragen zum Anti-Doping-Kampf im deutschen Fußball passten so gar nicht in das feierliche Programm anlässlich des 50. Geburtstags der Fußball-Bundesliga.

Berlin - Die DFB- und DFL-Funktionäre bekräftigten noch einmal ihre Absicht, die überfälligen Blutkontrollen in der Bundesliga einführen zu wollen, aber nach dpa-Informationen wird es damit auch zum Liga-Start an diesem Wochenende nichts.

"Es ist das richtige Zeichen, dass wir schon vor den Ereignissen beschlossen haben, ab der neuen Saison Blutkontrollen einzuführen", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach am Rande der Generalversammlung des Ligaverbandes in Berlin und bezog sich damit auch auf die am Montag veröffentlichte Studie über die Doping-Praktiken in der Bundesrepublik. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig ergänzte: "Wir wollen uns öffnen und strengere Kontrollen durchführen, obwohl wir keine Indizien dafür haben."

So schön das Thema Blutkontrollen auch verpackt wurde, als bahnbrechende Neuerung ist es nur schwer zu verkaufen. Der Fußball hatte den Anti-Doping-Kampf bisher eher stiefmütterlich behandelt. Blutkontrollen sind im Radsport oder in der Leichtathletik bereits seit Jahren fester Bestandteil des Kontrollsystems.

Ein Dopingproblem im Fußball sehen die Verantwortlichen nicht - weder heute, noch früher. "1966 wussten wir noch gar nicht, was Doping war", sagte Franz Beckenbauer mit Blick auf die in der Studie erhobenen Vorwürfe eines Ephedrinmissbrauchs von Nationalspielern bei der WM 1966 in England. Uwe Seeler, Kapitän des damaligen WM-Teams, pflichtete ihm bei: "Ich halte von Doping gar nichts. Ich habe auch nicht gedopt, ich kenne auch keinen, der gedopt hat."

Der Abschlussbericht "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" hatte ein Schreiben des früheren FIFA-Funktionärs Mihailo Andrejevic beinhaltet, wonach "drei deutschen Fußballern am Ende des Turniers 'feine Spuren' Ephedrin nachgewiesen wurden." Der DFB hatte diese Anschuldigungen zurückgewiesen. Ein sportrechtliches Gutachten von Professor Martin Nolte, das der DFB selbst in Auftrag gegeben hatte, soll die Ausführungen widerlegen. Zugleich verwies DFB-Vize Rainer Koch darauf, dass keiner der genannten Spieler wegen Dopings verurteilt oder gesperrt wurde.

Unterdessen forderte Ligapräsident Reinhard Rauball die Veröffentlichung der bisher zurückgehaltenen Langfassung der Studie, die mehrere Hundert Seiten länger ist als die, die vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) letzten Endes präsentiert wurde. "Wir wollen keine Zusammenfassung, wir wollen die gesamte Studie. Wir brauchen die Fakten, um sie auswerten zu können", sagte Rauball und betonte: "Wir möchten wissen, wer sind die Beschuldigten, wer sind die Verantwortlichen?"

Mit Blick auf die Zukunft soll der Anti-Doping-Kampf nun ein wenig ernsthafter geführt werden. "Unsere feste Absicht ist, dass es die Blutkontrollen schon in dieser Saison gibt. Der DFB ist in den Endverhandlungen mit der NADA. Vertragspartner sind DFB und NADA, die DFL ist Juniorpartner. Sobald die Verträge ratifiziert sind, wird es zu Blutkontrollen kommen", sagte Rettig. Es sei vorgesehen, dass 15 Prozent der Urinproben durch Blutkontrollen ersetzt werden. Es sei ein gutes Zeichen vom Fußball, dass er vorangehe. Die Dopingkontrollen waren 2012 größtenteils von der Nationalen Anti-Doping-Agentur durchgeführt worden. Von 2144 Kontrollen erfolgten rund 500 im Trainingsbetrieb.

Man habe nichts zu verstecken, ergänzte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff und sprach sich ebenfalls für Blutkontrollen aus. Der Fußball werde den Weg wie alle anderen gehen, wenngleich er den Fußball als "nicht ganz so dopinggefährdet wie viele andere Sportarten" ansieht. "Ich habe 17 Jahre Profifußball gespielt. Mich hat nie jemand angesprochen. Das ist für mich schwer vorstellbar. Aber wenn es Zweifel gibt, wenn es Anhaltspunkte gibt, müssen wir dem nachgehen. Und ich weiß, das werden wir auch."

Über Aussagen, wonach der Fußball vom Dopingproblem nicht betroffen sei, muss der frühere Leichtathletik-Sprintmeister Manfred Ommer schmunzeln. "Natürlich wird auch im Fußball gedopt. Da habe ich überhaupt keine Zweifel. Das habe ich schon 1977 gesagt. Der DFB hat das zumindest zu der Zeit, als ich Präsident war, recht lasch gehandhabt", sagte Ommer, der von 1986 bis 1994 Präsident des zwischenzeitlichen Bundesligisten FC 08 Homburg war, im ZDF, "Aussagen wie 'Durch Doping schießt du keine bessere Ecke' sind natürlich idiotisch."

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