Für Rekord-Titel: Zuerst müsste Spanien diesen Fluch gegen das DFB-Team brechen
Herzogenaurach – Da haben wir es doch, es kann gar nichts schiefgehen. Glaubt zumindest man der Statistik, die sich aus DFB-Sicht sehr angenehm liest. Die spanische Nationalmannschaft hat bei einem großen Turnier wie einer EM oder WM noch nie gegen eine gastgebende Nation gewonnen - und das bei neun Versuchen! Das klingt beinahe schon nach einem Fluch.
Fünf Mal fluchten die Iberer bei Europameisterschaften, nicht mal ein einziges Törchen gelang ihnen dabei, unter anderem 1988 beim 0:2 im Münchner Olympiastadion gegen Gastgeber Deutschland. Zweimal traf Mittelstürmer Völler. Grauer Rudi, graue Vorzeit. Aber dennoch ein Ansatz für gute Vorzeichen, was den Showdown am Freitag (18 Uhr, ARD & Magenta live) in Stuttgart angeht. Es geht um das Halbfinal-Ticket bei dieser EM. Vie le Beobachter und Experten sprechen vom vorweggenommenen Finale, die Fans wünschen sich das. Ungeachtet der Tatsache, dass dem Sieger im Ländle-Land angesichts des möglichen Halbfinal-Gegners Portugal (Europameister 2016) oder Frankreich (Weltmeister 2018, Vizeweltmeister 2022) das Lächeln vergehen könnte.
Letzter DFB-Sieg in Pflichtspiel über Spanien war 1988 - in Deutschland
Wie so oft im Fußball findet sich immer auch eine Statistik, die der anderen Mannschaft zupass kommt, in dem Fall den Gästen. Jener Erfolg im dritten EM-Gruppenspiel 1988 war der letzte einer DFB-Auswahl in einem Turnierspiel gegen die Spanier.
Zeit, dass sich was dreht. Zeit für einen großen Fußballabend, der als Brandbeschleuniger für das entfachte Feuer in die DFB-Historie eingehen könnte. Spanien und Deutschland sind die Rekord-Champions bei Europameisterschaften, haben das kontinentale Turnier je dreimal gewinnen können.
Wer weiterkommt, schnuppert schon ein bisschen am vierten Triumph. In der Nase der Duft von Maultaschen, dem Lieblingsgericht von Jamal Musiala oder eben - natürlich - Paella.
Einen Großen des Weltfußballs wie diese Spanier aus der Küche dieser EM zu vertreiben, wäre ganz nach dem Geschmack der deutschen Fans, die nach den Schmalkost-Turnieren von 2018 bis 2022 hungrig nach Erfolgen, Partys, Titeln sind.
Also Männer, angeführt von Spielmacher und Taktgeber Toni Kroos: Einfach mal wuppen! Angelehnt an den Namen des Podcasts, den der scheidende Kroos mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Felix, schon im Status Ex-Profi angekommen, betreibt und gemeinsam moderiert. Geschwisterfunk. Man liebt sich, man neckt sich - auch vor Publikum. Der Podcast-Name ist eine Reminiszenz an den von den Kroos-Brüdern so geliebten Opa Heinz, deren schärfster Kritiker. Der Großvater gab den Enkeln schon in deren Jugend stets den Rat, bei einer aussichtsreichen Schussposition nicht einfach draufzuknallen, sondern "einfach mal zu luppen", den Ball über den Torhüter zu heben. Die ganz hohe Kunst.
Mit Urvertrauen, Titel-Hunger und Erfahrung ins Duell mit Spanien
Davon braucht die DFB-Elf am Freitag eine Menge. Die Qualität bringen sie mit, die Angriffslust, den Offensivgeist, das mittlerweile angeeignete Selbstbewusstsein. Und das Urvertrauen in die eigene Stärke, das Siegertypen wie Kroos, der sechsmalige Champions-League-Sieger, sowie Kapitän Ilkay Gündogan, Henkelpott-Gewinner mit Manchester City (2023), in ihrer DNA verankert haben. Die Leverkusener um Robert Andrich, Florian Wirtz und Jonathan Tah gewannen das Double, standen im Europa-League-Finale.
Lediglich die sonst so erfolgsverwöhnten Bayern-Profis schwächelten in der abgelaufenen Saison. Doch Torhüter Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Leroy Sané, Jamal Musiala und Joker Thomas Müller können auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz in Sachen großer Spiele und großartiger Triumphe zurückgreifen.
"Wir treten an, um den Titel zu gewinnen", hatte Nagelsmann im April gesagt und damit viele Schwarzmaler und Miesepeter vor den Kopf gestoßen. Realitätsfremd? Zu viel Hybris? "Wenn du an einem Turnier teilnimmst, solltest du die Grundidee haben, es zu gewinnen", bekräftigte er. Das strahlt ab, das färbt an. Das neue DFB-Selbstverständnis leuchtet lila-pink. "Die Fans dürfen alle träumen", sagte Nagelsmann in der Vorrunde, "unser Job ist es, sie weiter träumen zu lassen."
Ins DFB-Quartier wird der DFB-Tross in der Nacht auf Samstag in jedem Fall zurückkehren. Um zu bleiben, nicht um die Koffer zu packen.