Für immer der Beste

Als der große Pelé 1977 seine Karriere beendete, ist er „ein bisschen gestorben“. Am Samstag wird die Legende 70
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Dreimal Weltmeister, 1282 Treffer insgesamt: Pelé.
az Dreimal Weltmeister, 1282 Treffer insgesamt: Pelé.

Als der große Pelé 1977 seine Karriere beendete, ist er „ein bisschen gestorben“. Am Samstag wird die Legende 70

Pelé weinte bitterlich. Auch die geladenen Gäste, Franz Beckenbauer etwa, hatten feuchte Augen, als sie Edson Arrantes do Nascimento (36) auf die Schultern hievten und vor 75646 gerührten Zuschauern durchs Giant Stadium trugen. In der Kabine brauchte Pelé ärztlichen Trost, so sehr war ihm der Abschied aufs Gemüt geschlagen. „Ich bin heute ein bisschen gestorben", schluchzte Pelé.

Doch weil er eben „nur ein bisschen gestorben" war an jenem 1. Oktober 1977 nach seinem „Farewell Game", Cosmos New York gegen den FC Santos (2:1), feiert der größte Fußballspieler aller Zeiten heute, am 23. Oktober, bei bester Gesundheit seinen 70. Geburtstag.

Pelé spielte je eine Halbzeit für die beiden Vereine seiner einzigartigen Karriere, für seinen Heimatklub FC Santos (1956-1974) und seinen Krösusklub Cosmos (1975-1977): Er schoss zum Abschied sein 1281. Tor und vermachte sein Trikot mit der 10 jenem Mann, der ihn als Elfjährigen in dem ärmlichen Ort Tres Coracoes in Brasilien entdeckt hatte.

Doch es sollte noch nicht das letzte Hurra gewesen sein. Als der Kaiser seinerseits drei Jahre später Cosmos, New York und Amerika „bye, bye" sagte, zog Pelé ihm zu Ehren noch einmal das Trikot mit der 10 an. Pelé schoss sein 1282. Tor und hängte bei seinem Abschied das Trikot mit der 10 Franz um den Hals. „Er ist der wunderbarste Sportler, den ich je kennengelernt habe", sagt Beckenbauer. Pelé sagt: „Franz ist der genialste Spieler der Welt." Eine Saison lang hatten sie gemeinsam bei Cosmos gespielt. Gegeneinander nur ein einziges Mal: Beim 2:2 1968 in Rio de Janeiro. Pelé schoss kein Tor. 1970 in Mexiko aber traf er im Finale gegen Italien (4:1) und wurde zum dritten Mal nach 1958 und 1962 Weltmeister.

„Es ist viel einfacher, eine Karriere zu starten, als sie zu beenden", klagte Pelé bei seinem Abschied. Womit die Rückblende ins Jahr 1958 und die Weltmeisterschaft in Schweden angeknipst ist. Damals, gerade 17 Jahre alt, verzückte er die Welt. Pelé schoss das 1:0 im Viertelfinale gegen Wales, vollbrachte beim 5:2 gegen Frankreich im Halbfinale einen Hattrick und erzielte im Endspiel in Stockholm zwei Tore zum 5:2-Sieg gegen Schweden. Sechs Tore, eines schöner, kunstvoller, akrobatischer, trickreicher, schussgewaltiger als das andere. Als Kapitän Bellini vom schwedischen König die Trophäe entgegennahm, Brasilien mit Traumfußball und einem Wunderknaben erstmals Weltmeister geworden war, weinte der Teenager vor Glück. Die brasilianischen Zeitungen schwärmten von einem „übernatürlichen Wesen". Dabei konnten sie noch gar nicht wissen, dass dieser Pelé mal der beste Fußballer aller Zeiten werden sollte – und dies für immer bleiben wird.

Zwischen seinem Profidebüt mit 15 Jahren beim FC Santos und dem Karriere-Ende mit 36 in New York liegt ein historisches Datum: Der 19. November 1969, an dem Pelé sein 1000. Tor erzielte. Eine gigantische Show im Maracana von Rio de Janeiro. 100000 Zuschauer wollten Zeuge des historischen Tores für den FC Santos gegen Vasco da Gama sein. Ein gewisser Zaluar Torres Rodriguez war eingeladen, jener Torwart, der am 7. September 1956 das erste von tausend Pelé-Toren hinnehmen musste. Die 78. Minute: Pelé wurde im Strafraum gelegt. Schiedsrichter de Lima zeigte auf den Elfmeterpunkt. „Pelé, Pelé, Pelé" brüllten Hunderttausend. Pelé trabte heran. Es wurde mucksmäuschenstill. Pelé lief an, schoss, Torwart Andrade stürzte in die falsche Ecke und der Ball flog ins Netz. In dieser Sekunde läuteten Tausende von Glocken. Ein Schrei aus 70 Millionen Kehlen: „Goooooooal!“

Der Schriftsteller Hans Blickensdorfer brachte in seinem Jahresrückblick 1969, dem Jahr der Landung von Apollo 12 auf dem Erdtrabanten, das Pelé-Märchen auf den Punkt: „Der 19. November war der Tag, an dem der Fußball für 70 Millionen Brasilianer den Mond verdeckte.“

Hartmut Scherzer

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